Denn im Kampf gegen das Coronavirus hat sich Deutschland zwar jede Menge Impfdosen gesichert, um die sogenannte Herdenimmunität der Bevölkerung zu erreichen. Wie viel Prozent der Bevölkerung aber dafür geimpft werden müssen, das wird noch intensiv unter Wissenschaftlern diskutiert. Dabei spielen die Mutationen des Virus eine entscheidende Rolle. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Herdenimmunität - was ist das eigentlich genau?
Von einer Herdenimmunität ist die Rede, wenn ausreichend Menschen gegen ein Virus immun sind - ihr Immunsystem es also abwehren kann. Das erfolgt etwa über eine Impfung. Es gibt Menschen, die sich nicht impfen lassen können - beispielsweise Babys oder Personen mit bestimmten chronischen Erkrankungen. Sie sind darauf angewiesen, dass sich ihr Umfeld impfen lässt, damit sich das Infektionsrisiko senkt. Lassen sich ausreichend Menschen gegen eine Krankheit impfen, ist es möglich, die Ausbreitung dieser Krankheit zu verhindern.
Wann ist die Herdenimmunität erreicht?
Das ist je nach Krankheit verschieden. Nach Angaben des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa) greift der Herdeneffekt bei Masern zum Beispiel erst ab einer Durchimpfungsrate von 95 Prozent. Mit Blick auf das Coronavirus gehen die Meinungen auseinander. Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut, Thomas Mertens, geht davon aus, dass die angestrebte Herdenimmunität von 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung im Laufe des Jahres 2021 erreicht werden kann.
Nach Einschätzung des Bundesgesundheitsministeriums müssten rund 55 bis 65 Prozent der Bevölkerung geimpft sein, um eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen und eine Ausbreitung des Virus weitgehend zu verhindern. Die Kölner Infektiologin Prof. Clara Lehmann rechnet aber damit, dass "80, 85 bis 90 Prozent" der Bevölkerung geimpft sein muss, um eine Herdenimmunität zu erreichen. "Das Problem ist, dass wir nicht wissen, wie infektiös das Virus ist", sagte sie dem WDR.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach verwies in der "Aktuellen Stunde" darauf, dass durch die Mutationen das Coronavirus weitaus ansteckender sein könnte als gedacht. Je stärker die Ansteckungsgefahr durch eine Mutation ist, desto mehr Menschen müssten geimpft werden. Um eine Herdeninfektion zu erreichen, müssten mindestens 80 bis 85 Prozent der Bevölkerung geimpft sein, sagte Lauterbach und berief sich dabei auf amerikanische Wissenschaftler.
Wann gilt eine Krankheit als "ausgerottet"?
Wenn ein hoher Anteil der Bevölkerung geimpft ist, ist es möglich, Infektionskrankheiten langfristig auszurotten. Laut vfa ist es bislang zweimal gelungen, Krankheiten durch Impfungen in Europa den Garaus zu machen: Die Pocken konnten bis 1980 sogar weltweit ausgerottet werden. Von Polio, der Kinderlähmung, ist Europa offiziell seit 2002 frei.