Vierte Corona-Welle: Lockdown zu Weihnachten unvermeidlich?

Stand: 24.11.2021, 08:46 Uhr

Bundeskanzlerin Merkel spricht zumindest CDU-intern von einer Corona-Lage, "die alles übertreffen wird, was wir bisher hatten". Die vierte Welle müsste schnell gebrochen werden. Aber wie?

Die Corona-Infektionszahlen schießen ungebremst in die Höhe, immer mehr Stimmen fordern deshalb eine Impfpflicht: "Wir kommen jetzt an einen Punkt, wo wir aus dieser Endlosschleife nicht mehr herauskommen, wenn wir die Impfpflicht nicht einführen", sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Dienstag im WDR. Er ist auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz.

Doch wäre eine Impfpflicht tatsächlich eine kurzfristige Lösung? Nein, sagt Virologe Alexander Kekulé am Dienstag im WDR 5 "Morgenecho". "Eine allgemeine Impflicht hat schon mal grundsätzlich den Nachteil, dass es sehr lange dauert, bis das funktioniert, bis dann alle geimpft sind. Wir müssen jetzt sofort handeln." Die aktuelle Welle müsse jetzt gebrochen werden. "Da kommt die Impfpflicht zu spät."

Virologe Stürmer: Lockdown unvermeidlich

Welche Mittel zur schnellen Eindämmung des Corona-Virus bleiben also übrig? Österreich setzt nicht nur auf eine künftige Impfpflicht, sondern auch auf einen sofortigen dreiwöchigen Lockdown. Er ist seit Montag landesweit in Kraft und soll bis zum 13. Dezember gelten. Das könnte ein Vorbild für Deutschland sein.

Zumindest Virologe Martin Stürmer hält einen flächendeckenden Lockdown auch in Deutschland für unvermeidlich. "Wenn wir wirklich einschränken wollen, kommen wir um einen Lockdown nicht herum", sagte er am Dienstag im ARD "Morgenmagazin". "Wenn wir jetzt die Zahlen nicht in den Griff bekommen, sollten wir wirklich überlegen, ob wir das nicht flächendeckend machen." Eine Impfpflicht würde in der akuten Situation nicht viel bringen.

"Wir brauchen Sofortmaßnahmen, um erst mal die Zahlen herunter zu bekommen.“ Virologe Martin Stürmer

Intensivstationen in NRW füllen sich

"Die Intensivstationen laufen voll", sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag im ARD "Morgenmagazin". "Die Überlastung fängt schon an."

Auch in NRW steigt die Auslastung der Intensivbetten - im Vergleich zum letzten Jahr sind es weniger, aber damals stiegen die Infektionszahlen in der zweiten Welle auch früher. Niederländische Ärzte verlegen unter dem Druck steigender Patientenzahlen den ersten Covid-19-Patienten in eine deutsche Kliniken - heute nach Bochum.

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Umfrage: Mehrheit erwartet Lockdown

Angesichts der hohen Infektionszahlen hält eine Mehrheit in Deutschland einer aktuellen Umfrage zufolge einen neuen Lockdown über Weihnachten für wahrscheinlich. 71 Prozent der Befragten gehen von dieser Maßnahme aus, wie aus der am Dienstag veröffentlichten "Frage des Tages" des Meinungsforschungsinstituts Yougov hervorgeht. Befragt wurden am Montag rund 1.900 Menschen ab 18 Jahren.

Wie sinnvoll ist 2G+?

In NRW gelten von Mittwoch an im Freizeit- und Kulturbereich flächendeckend Zugangsbeschränkungen für Erwachsene, die nicht geimpft oder genesen sind. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat bei WDR 2 gesagt, dass die neuen landesweiten 2G-Regeln auf einen "Lockdown für Ungeimpfte" hinauslaufen. Sie können aber noch in Geschäfte gehen und getestet zur Arbeit, in die Uni, zum Friseur.

Reichen 2G- und 2G-plus aus, um die Corona-Zahlen massiv zu senken - statt eines Lockdowns? Virologe Christian Drosten ist skeptisch: Die Schnelltests seien "einfach nicht empfindlich genug". Sein Rat: "Impflücken schließen, boostern und bis dahin Kontakte reduzieren."

Ändert die Impfpflicht die Einstellung von Impfgegnern?

Bleibt die Frage nach der Impfpflicht. Nach Einschätzung eines Sozialpsychologen könnte eine solche Pflicht die Haltung von Impfgegnern eher ändern als langsam die Regeln zu verschärfen. "Nur so lau und lasch den Druck zu erhöhen, führt zu einer Abkapselung", sagte der Marburger Sozialpsychologe Ulrich Wagner.

"Eine klare Ansage könnte dazu führen, dass auch eigentlich eingemauerte Impfgegner sich am Ende doch noch impfen lassen und dann nachfolgend ihre Überzeugungen ändern." Seine Meinung zu ändern und das gegen die Gruppe zu verteidigen, sei sehr schwer. Eine Impfpflicht bringe ein neues Argument ins Spiel, sowohl für die eigene Überzeugung als auch gegenüber der Gruppe. "Der äußere Zwang wäre eine Entschuldigung."

Kommentare zum Thema

  • Werner 26.11.2021, 04:16 Uhr

    Dieser Kommentar wurde gesperrt, weil er gegen unsere Netiquette verstößt. (die Redaktion)

  • Oliver 26.11.2021, 01:21 Uhr

    Meine Güte ich verstehe das Ganze nicht, hätten wir Ende November bis Mitte Dezember einen harten Lockdown für Alle "freiwillig verordnet" gemacht, wären wir mit den Zahlen soweit runter um mit 3 G durchzukommen und impfen, impfen, impfen. Jetzt dagegen wird uns das Virus dazu zwingen einen "unfreiwilligen" harten Lockdown über Weihnachten zu machen, Frohes Fest !!! Wieder mal unsere Politik zu langsam und zu ineffizient mit unkontrollierbaren 2G plus Zirkusnummern, die die Gesellschaft spalten und kurzfristig überhaupt nichts bewirken !!!

  • Supa 25.11.2021, 20:07 Uhr

    Lockdown bitte für Nicht geimpfte Menschen. Die anderen haben schon für das Gemeinwohl etwas getan. Meinetwegen 2 G überall auch im Berufsleben