Die Festnahmen zweier Jugendlicher wegen mutmaßlicher Terrorplanungen haben Ende November viele Menschen aufgeschreckt. Die beiden Teenager sollen nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft aus islamistischen Motiven vereinbart haben, Anfang Dezember Besucher eines Weihnachtsmarkts in Leverkusen zu töten. Glücklicherweise kam es dazu nicht.
Das gilt nicht nur für diese jüngsten Terrorpläne. In den vergangenen Jahren sind immer wieder islamistische Anschlagsplanungen vereitelt worden. Am Dienstag hat das Bundeskriminalamt eine Übersicht veröffentlicht, über die zuvor die "Rheinische Post" berichtet hatte. Demnach sind seit 2010 insgesamt 18 islamistische Terroranschläge in Deutschland verhindert worden.
ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg
"Grundsätzlich ist das eine gute Nachricht. Denn sie zeigt, dass die Sicherheitsbehörden ziemlich gut darin sind, von Anschlagsplänen etwas mitzubekommen und sie frühzeitig zu durchkreuzen", sagt ARD-Terrorismusexperte Michael Götschenberg. Gleichzeitig mache die Zahl aber auch deutlich, wie anhaltend groß die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus sei.
Auffällig ist: Mit neun vereitelten Anschlägen kam die Hälfte der Fälle aus NRW. Konkret waren das:
- ein geplanter Sprengstoffanschlag 2011
- ein geplantes Schusswaffenattentat 2011
- ein geplanter Sprengstoff- und Schusswaffenanschlag auf den Vorsitzenden der Partei pro NRW 2013
- ein geplanter Sprengstoffanschlag gegen Bundeswehrsoldaten 2016/2017
- ein geplanter Anschlag mit Rizin in Köln 2018
- mutmaßliche Vorbereitungen für Anschläge insbesondere gegen eine Einzelperson 2019/2020
- ein geplanter Schusswaffenanschlag in Duisburg oder im Raum Köln 2021
- ein geplanter Sprengstoffanschlag auf eine Synagoge in Hagen 2021
- Planung eines Anschlags mittels toxischer Substanzen wie Rizin oder Cyanid 2023
In Hessen und Hamburg wurden laut BKA jeweils zwei Anschläge verhindert. Jeweils ein islamistischer Terroranschlag konnte demnach in Sachsen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und in Berlin vereitelt werden.
Weitere Vielzahl von Anschlagsplanungen
Wichtig zu den Zahlen ist: Dabei handelt es sich nur um Sachverhalte, die innerhalb des Bundeskriminalamtes als verhinderte islamistisch motivierte Anschläge eingestuft wurden. Hinzu kommen Hinweise auf mögliche Anschlagsplanungen, die bereits in einem frühen Stadium unterbunden werden konnten. Diese wurden laut BKA nicht in die Zählung verhinderter Anschläge aufgenommen. Es gehe um eine Vielzahl solcher Hinweise.
ARD-Terrorismusexperte Götschenberg sagt dazu: "Es gibt ständig vage Hinweise auf möglicherweise geplante Anschläge. Oftmals gelingt es nicht, sie zu verifizieren, oder sie erweisen sich als haltlos." Wenn es zu Durchsuchungen oder Festnahmen komme, würden diese Fälle in der Regel bekannt.
Ausländische Ermittler helfen
Und auch zu der Art und Weise, wie die Sicherheitsbehörden in den vergangenen Jahren den mutmaßlichen Terroristen auf die Spur gekommen sind, hat das Bundeskriminalamt am Dienstag etwas gesagt. So sind zu sieben der 18 vereitelten Anschläge ursprünglich wesentliche Hinweise aus dem Ausland bei der Behörde eingegangen.
Terrorismusexperte Götschenberg sieht darin eine Bestätigung eines Trends. "Hinweise aus dem Ausland auf möglicherweise geplante Terroranschläge sind für die deutschen Sicherheitsbehörden unerlässlich." So hätten andere Ermittler auf der Welt, insbesondere in den USA, ganz andere Möglichkeiten - etwa bei der Kommunikationsüberwachung oder beim Monitoring des Internets. "Wir profitieren davon, gleichzeitig lehnen wir derart weitreichende Befugnisse für unsere Sicherheitsbehörden ab", weist Götschenberg auf den deutschen Zwiespalt hin.
Doch trotz der Hinweise und durchkreuzten Terrorpläne ist es in den vergangenen Jahren auch mehrfach zu Attacken gekommen. Der folgenschwerste war der auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 mit 13 Toten. Laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz gab es seit 2015 insgesamt neun islamistische Anschläge in Deutschland - einen davon in NRW im April 2016. Damals kam es zu einem Sprengstoffanschlag auf einen Tempel der Sikh-Gemeinde in Essen mit drei Verletzten.
Im April soll außerdem ein mutmaßlicher IS-Terrorist einen Mann getötet und mehrere in einem Fitnessstudio verletzt haben. Hier läuft allerdings noch der Prozess.
Unsere Quellen:
- Bundeskriminalamt
- Bundesamt für Verfassungsschutz
- WDR-Interview mit Michael Götschenberg
- Nachrichtenagentur dpa