Letzte angeklagte Polizistin sagt im Fall Dramé aus
Stand: 14.06.2024, 16:59 Uhr
Am 15. Verhandlungstag hat die Letzte der fünf angeklagten Polizisten und Polizistinnen ausgesagt. Sie wollte schon vor dem Pfefferspray einen Taser gegen den später erschossenen Mouhamed Dramé einsetzen.
Von David Peters
Im Fall um die tödlichen Schüsse auf den damals 16-jährigen Mouhamed Dramé im August 2022 in der Dortmunder Nordstadt wurden in der Aussage einer angeklagten Polizistin erstmals leichte Zweifel an der Einsatztaktik bekannt. Insgesamt sind fünf Polizistinnen und Polizisten angeklagt, die an dem Einsatz beteiligt waren.
Die Angeklagten hatten damals zuerst Pfefferspray gegen Dramé eingesetzt, der in suizidaler Absicht mit einem Messer auf den Bauch gerichtet an einer Wand lehnte. Nach dem Pfeffersprayeinsatz habe er erst nicht reagiert und sich dann in Richtung der Polizisten gewandt und sei auf sie zugelaufen, erklärte die Beamtin heute vor Gericht.
Fast zeitgleich Schüsse aus Maschinenpistole und Taser
Sie habe dann aus Gründen der Eigensicherung ihren Taser auf Dramé abgefeuert. Fast zeitgleich seien dann die Schüsse aus der Maschinenpistole eines ebenfalls angeklagten Polizisten gefallen. Deswegen habe sie auch nicht feststellen können, ob der Taser überhaupt eine Wirkung gezeigt habe. Dramé verstarb an den Schussverletzungen.
Die Polizistin hatte vor dem Pfeffersprayeinsatz den 16-Jährigen ins Visier genommen. Sie habe ihrem Dienstgruppenleiter, der vor dem Einsatz die Bewaffnung mit Pfefferspray, Taser und Maschinenpistole angeordnet haben soll, gesagt, dass sie die Möglichkeit habe, Dramé zu tasern.
Der Dienstgruppenleiter habe das abgelehnt und auf seinem Plan beharrt, zuerst das Pfefferspray einzusetzen. Sie habe auf die Erfahrung ihres Dienstgruppenleiters vertraut, erklärte die Polizistin: "Wenn es funktioniert hätte, hätte es niemand in Frage gestellt." Sie hatte aber auch in Chatnachrichten nach dem Einsatz Zweifel geäußert.
"Dramé war in dem Moment kein Angreifer"
Anwältin Lisa Grüter, die die Angehörigen Mouhamed Dramés als Nebenkläger vertritt, wollte von der Beamtin wissen, warum man sich dem 16-Jährigen so weit genähert hätte. Normalerweise würde man bei Einsätzen mit Messern mehr als sieben Meter Abstand halten, um sich selbst nicht zu gefährden und im Falle eines Angriffs reagieren zu können.
Anwältin Lisa Grüter vertritt die Angehörigen als Nebenkläger.
"Wir haben uns vielleicht zu nah dran gestellt", gab die Polizistin an. "Mouhamed Dramé war in dem Moment aber kein Angreifer für uns." Wenn gleich ein Einsatz mit einem Messer immer gefährlich sei. Die Angeklagte habe den Eindruck gehabt, dass Dramé sich während des Einsatzes in seiner eigenen Gedankenwelt befunden und nicht auf alles um ihn herum reagiert habe.
Bis Mitte September sind weitere Verhandlungstage angesetzt.
Unsere Quellen:
- Reporter im Gerichtssaal
- Aussagen der Angeklagten