Zwei Brüder von Mouhamed Dramé erstmals beim Prozess

Lokalzeit aus Dortmund 31.01.2024 03:09 Min. Verfügbar bis 31.01.2026 WDR Von Catherine Jaspard

Emotionaler Verhandlungstag: Brüder von Mouhamed Dramé besuchen Prozess in Dortmund

Stand: 31.01.2024, 17:25 Uhr

Zwei Brüder von Mouhamed Dramé aus dem Senegal haben am Mittwoch am Prozess gegen fünf Polizisten teilgenommen. Der 16-Jährige wurde 2022 bei einem Polizeieinsatz erschossen.

Von David Peters

Schon auf dem Weg ins Gerichtsgebäude sieht man Sidy und Lassana Dramé an, dass sie sich nicht ganz wohl fühlen. Zum ersten Mal werden sie heute am Prozess gegen die fünf Polizistinnen und Polizisten teilnehmen, die an dem Einsatz beteiligt waren, bei dem ihr 16-jähriger Bruder erschossen wurde.

Brüder als Nebenkläger

Zum ersten Mal werden sie auch den jungen Polizisten sehen, der die tödlichen Schüsse abgegeben hat. Die Angehörigen von Mouhamed Dramé treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Dabei werden sie von der Dortmunder Rechtsanwältin Lisa Grüter vertreten.

Der Lokalzeit-Podcast "Mouhamed Dramé – Wenn die Polizei tötet"

Angehörige erwarten "Gerechtigkeit"

Auf dem Weg in den Gerichtssaal werden sie von ihrer Anwältin abgeschirmt. Statements der beiden soll es an diesem Tag nicht geben. Die gab es allerdings am Tag vorher. Da hatte Sidy Dramé gesagt, dass er schon lange auf den Tag wartet, an dem er an diesem Prozess teilnehmen kann. Extra dafür sind er und Lassana Dramé aus dem Senegal nach Deutschland gekommen. Aber nicht nur Sidy Dramé wartet auf diesen Tag: "Das ganze Dorf wartet auf diesen Tag. Wir sind nur die beiden, die hier alle vertreten."

Was erwarten sie von dem Prozess? "Dass es Gerechtigkeit geben wird. Für unseren Bruder: Mouhamed Lamine Dramé. Niedergeschossen, im Alter von 16 Jahren", erzählt Sidy Dramé. Er erzählt auch, dass er nicht mit den Angeklagten sprechen möchte - zumindest im Moment noch nicht.

Tränen bei Sidy Dramé

Anwältin Lisa Grüter versucht Sidy Dramé zu trösten

Anwältin Lisa Grüter versucht Sidy Dramé zu trösten

Dann sitzen sie am Mittwochmorgen im Gerichtssaal zwischen Anwältin Grüter und einem Dolmetscher. Schon vor dem Start des Verhandlungstages fließen bei Sidy Dramé die ersten Tränen.

Gegenüber von Sidy Dramé sitzt der Mann, der seinen Bruder erschossen haben soll. Zu Beginn der Verhandlung schaut Sidy Dramé minutenlang in seine Richtung. Zwischenzeitlich kreuzen sich die Blicke der beiden.

Emotionaler Verhandlungstag

Mithilfe des Dolmetschers versuchen Sidy und Lassana Dramé dem Verhandlungstag zu folgen. Der Vorsitzende Richter verliest fast eine Stunde Berichte der Spurensicherung. Für Sidy Dramé scheint es ein sehr schwerer Tag zu sein. Teilweise sitzt er fast schon zusammengesackt auf seinem Stuhl und starrt zu Boden. Dann weint er wieder und verdeckt sein Gesicht mit seinen Händen.

Bitte um persönliche Gegenstände des Bruders

Zum Ende des Verhandlungstages bringt Anwältin Grüter noch ein persönliches Anliegen ihrer Mandanten vor: Sidy und Lassana Dramé möchten gerne die persönlichen Gegenstände ihres erschossenen Bruders mit in den Senegal nehmen.

Besonders die Kette, die Mouhamed Dramé am Tag seines Todes trug, sei ihnen sehr wichtig. "Das sind die letzten Gegenstände, die Mouhamed auf der Haut getragen hat, die haben eine Riesenbedeutung", so Lisa Grüter.

Bei allen Gegenständen, wie zum Beispiel der Kleidung, sei das zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich, weil das Verfahren noch laufe, so Richter Kelm. Über die Kette wolle er aber nachdenken.

Betroffenheit auch bei angeklagtem Polizisten

Der Tag habe aber nicht nur die Angehörigen sehr belastet, sondern auch den Polizisten, der die tödlichen Schüsse abgab, erklärt sein Anwalt Christoph Krekeler: "Mein Mandant stand heute erheblich unter Druck er musste den Angehörigen der Familie Dramé in die Augen sehen, die ihren Bruder verloren haben."

Anwalt Christoph Krekeler vertritt einen der angeklagten Polizisten

Anwalt Christoph Krekeler vertritt einen der angeklagten Polizisten

Natürlich habe er auch die Betroffenheit der Angehörigen wahrgenommen: "Ich habe Tränen gesehen, ich habe geneigte Köpfe gesehen, und ich habe ein ebenso betroffenes Gesicht meines Mandanten und einen ebenso nach unten geneigten Blick gesehen." Er und sein Mandant hätten erst am Vorabend erfahren, dass die Angehörigen an diesem Prozesstag teilnehmen werden. Dementsprechend habe man erst auf dem Weg zum Gericht über die Situation sprechen können.

Krekeler betont nochmal, dass sein Mandant sich im Laufe des Verfahrens äußern werde. Man wolle aber erst weitere Zeugenaussagen abwarten. Bis zu einem Urteil gilt die Unschuldsvermutung.

Prozess könnte sich bis in den Sommer ziehen

Mit weiteren Zeugenaussagen soll der Prozess Ende Februar weitergehen. Der Richter kündigte außerdem an, dass der Prozess möglicherweise bis in den Juli gehen könne. Bisher waren nur Verhandlungstage bis April geplant.

Sidy und Lassana Dramé möchten auch an weiteren Verhandlungstagen teilnehmen, sagen sie.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort