Chaosfahrt mit Lkw: neue Polizei-Details zu Schaden und Fahrer | Lokalzeit Düsseldorf

01:46 Min. Verfügbar bis 03.12.2026

Chaosfahrt mit Lkw: neue Polizei-Details zu Schaden und Fahrer

Stand: 03.12.2024, 16:06 Uhr

Ein Lkw-Fahrer hat auf der A1 und der A46 in NRW Unfälle mit 50 Fahrzeugen verursacht. Es gibt acht Schwerverletzte. Eine lebensgefährlich verletzte Person ist inzwischen außer Lebensgefahr. Es gibt neue Details zum Fahrer und zur Schadenssumme. Fragen und Antworten.

"Ich glaube wir können von Glück reden, dass wir keine Toten zu beklagen haben", sagte NRW-Innenminister Herbert Reul der "Rheinischen Post" am Sonntag. Mittlerweile schätzt die Polizei den Schaden auf mindestens 1,8 Millionen Euro.

Die etwa 60 Kilometer lange Chaosfahrt eines Lkw am Samstagnachmittag mit zahlreichen Unfällen und Verletzten wirft weiter viele Fragen auf. Ein Überblick.

Was weiß man über den Lkw-Fahrer und mögliche Ursachen?

Die Ermittler haben jetzt den Auftraggeber des Lkw-Fahrers ausfindig gemacht. Es handelt sich um eine Spedition in Polen. Die habe sich jedoch kaum für das Schicksal des Fahrers interessiert, heißt es. Die überraschenderweise unbeschädigte Fracht soll jetzt zurück nach Polen gebracht werden.

Die Ermittler haben die Lkw-Zugmaschine, die Frachtpapiere und das digitale Kontrollgerät sichergestellt. Diese werden jetzt ausgewertet, um zu rekonstruieren, wo der Mann seine Unfallfahrt gestartet hat und welchen Auftrag er eigentlich hatte.

Chaosfahrt auf A1 und A46 - Lkw-Fahrer in Gewahrsam | sv

00:37 Min. Verfügbar bis 01.12.2026

Die Polizei hatte den 30-jährigen Lkw-Fahrer am Samstag zunächst in Gewahrsam genommen. Anfangs habe es Hinweise auf einen "Drogen- bzw. Alkoholkonsum" des Fahrers gegeben, teilte die Polizei mit. Darauf deutete auch ein erster Atemtest hin. Die Ergebnisse der bei dem Fahrer entnommenen Blutprobe stehen weiter aus. Die Alkoholisierung allein erkläre sein Verhalten aber nicht, so die Polizei.

"Ebenso haben sich dann im Rahmen der ersten Untersuchungen deutliche Hinweise darauf ergeben, dass der Mann womöglich psychisch krank ist." Sprecher der Polizei Düsseldorf

Daher könne der Fahrer "nicht ohne Weiteres" in Gewahrsam genommen werden, so der Polizeisprecher weiter. Er werde bis auf Weiteres in einer psychiatrischen Klinik untergebracht, entschied ein Haftrichter am Sonntagabend.

Nach der Vernehmung durch den Haftrichter kam der Mann in die forensische Klinik Eickelborn in Lippstadt. Am Dienstag teilte die Polizei dann mit, der Fahrer sei bisher sehr verhaltensauffällig. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Hagen bestätigte mittlerweile die Feststellung einer Psychose, schränkte aber ein, dass es sich um eine Verdachtsdiagnose handele. 

Chaosfahrt auf der Autobahn - der Überblick in Bildern

Ein Lkw hat am Samstag auf den Autobahnen 1 und 46 zahlreiche Unfälle verursacht und eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Die Bilder dazu.

Einsatzkräfte der Feuerwehr stehen neben einem Lastwagen auf der Autobahn 1 bei Hagen an der Unfallstelle

Dieser Lkw verursachte auf etwa 60 Kilometern auf der A46 und A1 eine Unfallserie.

Dieser Lkw verursachte auf etwa 60 Kilometern auf der A46 und A1 eine Unfallserie.

50 Fahrzeuge wurden in die Unfälle verwickelt.

Zwischen Hagen-West und Gevelsberg kam der Lkw nach einer Kollision zum Stehen.

Die A1 war bis zum Mittag gesperrt.

Bei dem Fahrer handelt es sich um einen 30-jährigen Polen.

Er wurde in Gewahrsam genommen und ist derzeit in einer psychiatrischen Klinik.

Mindestens 26 Menschen wurden verletzt.

Dieser Zeuge war mit vier anderen auf der Rückfahrt von Köln, als der Lkw rechts an ihnen vorbeischoss. "Er hat unsere Seite gestriffen, unsere Tür und unsere Spiegel sind kaputt. Er hat noch fünf andere Autos mitgenommen und dann ist er da hinten auf der Straße quer stehen geblieben. Dann kam direkt die Polizei mit fünf, sechs Wagen hinterher und alles kam zum Stehen."

In diesem Auto gab es vier Verletzte - darunter eine schwangere Frau. Der Lkw rammte das Auto nahe Wuppertal-Varresbeck Lkw von Fahrbahn gerammt.

Die Aufräumarbeiten liefen auch am Sonntagmorgen noch.

Eine beschädigte Leitplanke musste ausgetauscht werden. Außerdem war die Fahrbahn stark verschmutzt.

Nach der Reinigung konnte die Sperrung der A1 mittags wieder aufgehoben werden.

Wieso konnte der Lkw nicht gestoppt werden?

Trotz der langen Chaosfahrt von etwa 60 Kilometern habe der Lkw nicht gestoppt werden können, weil das bei einem großen Sattelaufleger zu gefährlich sei, sagte die Polizei auf WDR-Nachfrage.

Wie viele Schwer- und Leichtverletzte gibt es durch die Unfälle?

Nach offiziellen Angaben wurden 19 Menschen durch die Chaosfahrt des Lkw verletzt. Es gibt acht Schwerverletzte, davon war ein Mensch zunächst lebensgefährlich verletzt. Wie die Polizei am Montag mitteilte, ist er inzwischen nicht mehr in Lebensgefahr. Die anderen elf wurden leicht verletzt.

Wie lief die Chaosfahrt des Lkw ab?

Sie begann offenbar an der Autobahnauffahrt Neuss-Holzheim, teilte die Polizei am Sonntagvormittag mit. Gegen 16.25 Uhr habe man den ersten Anruf bekommen - wegen der auffälligen Fahrweise des Lkw, wie die Beamten bereits am Samstag mitteilten. Auch sei beobachtet worden, dass der Lkw Diesel verliere.

Bis zum Kreuz Wuppertal-Nord hatte der Lastwagen bereits mehrere andere Fahrzeuge gerammt. Dort wechselte der Fahrer auf die A1 in Richtung Bremen.

Augenzeugen zufolge war der Lkw mit überhöhter Geschwindigkeit in Schlangenlinien gefahren. Der Mann habe alle Anhaltezeichen von Polizisten ignoriert. Zwischenzeitlich hatte die Polizei Autofahrer dringend dazu aufgerufen, von der A1 abzufahren.

Die Fahrt des Lkw endete den Angaben zufolge zwischen Gevelsberg und Hagen-Nord, also etwa 60 Kilometer von Neuss entfernt. Bei Hagen geriet der Lkw in einer Baustelle in den Gegenverkehr, rammte ein weiteres Auto und kam quer auf der Fahrbahn zum Stehen.

Zerstörte Autobahnbande auf der A1

Aufräumarbeiten auf der A1 am Sonntagmorgen

Wie sieht es jetzt auf der A1 und A46 aus?

Mittlerweile sind die Aufräumarbeiten beendet und beide Autobahnen wieder frei. Die Sperrung auf der A1 dauerte noch bis Sonntagmittag. Hier sei beinahe die komplette Baustellenverkehrsführung zerstört worden, teilte die Autobahnmeisterei Hagen am Sonntag mit. Am Morgen seien Mitarbeiter mit zwei Sattelzügen und zwei Kränen angerückt, um die Schutzeinrichtung, welche die Fahrbahnen trennt, in der dortigen Baustelle wiederherzustellen.

Gesperrt war die Strecke Köln-Dortmund zwischen Hagen-West und Gevelsberg in beiden Richtungen. Dort kam der Lkw nach seiner Chaosfahrt zum Stehen. Die A46 ist schon länger wieder frei.

Der Lastwagen, der mehrere Unfälle verursacht hat, steht quer auf der Autobahn.

Der Lkw liegt quer auf der Fahrbahn der A1

Wie haben Augenzeugen die Chaosfahrt des Lkw erlebt?

Ein junger Mann wird interviewt

Augenzeuge: "Unsere Spiegel sind kaputt."

Einige Autofahrer sprachen von einem Trümmerfeld auf der A1. Der Lkw habe sein Auto gestreift, "unsere Tür und unsere Spiegel sind kaputt", erzählt ein Zeuge . "Er hat noch fünf andere Autos mitgenommen und dann ist er da hinten auf der Straße quer stehen geblieben."

Ein anderer Augenzeuge erzählt, dass der Lkw sein Fahrzeug nur um Zentimeter verfehlt habe. Andere hätten nicht so viel Glück gehabt. "Vor und hinter uns haben sich überall die Autos gedreht", sagte er. Völlig ungebremst habe der Lkw-Fahrer "alles kurz und klein gefahren".

Was tun, wenn man Zeuge der Chaosfahrt geworden ist?

Um die Tat aufzuklären, bittet die Polizei alle Zeugen um Hilfe. Das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt schaltete das Hinweisportal frei. Dort können Zeugen ihre Videos und Bilder hochladen. Das Portal ist unter folgendem Link erreichbar:

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Polizei
  • Staatsanwalt in Hagen
  • Augenzeugen
  • Autobahn GmbH