Ein Arzt sitzt vor seinem Rechner in einer Praxis.

Kinderklinik Dortmund warnt: Medizinisches Material wird knapp

Stand: 20.06.2024, 17:19 Uhr

Das Kinderklinikum in Dortmund schlägt Alarm: Medizinisches Material könnte knapp werden. Grund dafür sind eine EU-Regelung und der finanzielle Druck bei den produzierenden Unternehmen.

Die Lage sei ernst, sagt Dr. Dominik Schneider, Leiter der Kinderklinik in Dortmund. Er stellt fest, dass immer mehr Medizin-Produkte im Klinikalltag fehlen. Darunter auch Material, welches lebenswichtig für die Versorgung der kleinsten Patienten ist, zum Beispiel bestimmte Herzkatheter bei angeborenen Herzfehlern von Kindern.

EU-Regel sorgt für Knappheit

Dass solche Produkte fehlen, liege an einer neu aufgesetzten EU-Regel, sagt der Arzt. Demnach müssen medizinische Produkte in bestimmten Abständen neu zertifiziert werden. Auch die, die in der Pädiatrie eingesetzt werden.

Erstmal hat die Regulierung einen sinnvollen Hintergrund: Sie soll Medizinprodukte sicherer machen. Doch solche Rezertifizierungen sind teuer. Teilweise kosten sie die Hersteller Hunderttausende. Das lohnt sich nur, bei Produkten, die besonders häufig zum Einsatz kommen.

"Es gibt bei Kindern oft seltene Krankheiten, das rechnet sich für die Unternehmen nicht", so Dr. Schneider. Die Konsequenz der hohen Kosten für die Zertifizierung: Die Unternehmen nehmen immer mehr Produkte vom Markt.

Neuregelung dringend nötig 

Noch sind es einzelne Geräte und Ersatzteile, die betroffen sind. Doch der Klinikleiter befürchtet, dass sich das Problem bald massiv verschärft, sollte man nicht einschreiten: "Für mich ist das wie die erste Sturmböe, bevor der eigentliche Hurrikan kommt".

Deswegen fordert er eine Neuregelung der Zertifizierung für medizinische Produkte in der Kinder- und Jugendmedizin. "Ich glaube die EU und der Gesetzgeber haben die Kinder einfach vergessen.", so Schneider. Es brauche spezifische Zulassungsverfahren, insbesondere bei den seltenen Medizinprodukten. Denn für die Kleinen gehe es um teilweise lebenswichtige Behandlungen.

Medizinprodukte-Hersteller: Berlin muss Druck auf Brüssel machen

In einer Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags Anfang Juni hatte der Bundesverband der Medizintechnologie-Hersteller ebenfalls die bestehende EU-Regelung kritisiert. Diese Defizite machten medizintechnische Innovationen immer unattraktiver, das gefährde die Versorgung von Patienten und Patientinnen in Europa hieß es.

Berlin solle deshalb Druck auf Brüssel machen. Die neue EU-Kommission solle noch dieses Jahr Lösungsvorschläge präsentieren, fordert der Branchenverband mit mehr als 300 Unternehmen der Medizintechnik-Branche.

Quelle:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Kinderklinik Dortmund
  • Bundesverband Medizintechnologie (BVMed)

Über dieses Thema berichtet der WDR am 20.06.2024 im Hörfunk in der Lokalzeit auf WDR 2 und im WDR Fernsehen in der Lokalzeit aus Dortmund.

Kinderklinik Dortmund warnt: Medizinisches Material wird knapp

WDR Studios NRW 20.06.2024 00:41 Min. Verfügbar bis 20.06.2026 WDR Online


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