Wer imitiert die Hirschrufe am besten? | sv
00:30 Min.. Verfügbar bis 03.02.2026.
Volles Röhr: Mit Baumarkt-Rohr zur Hirschrufer-Meisterschaft
Stand: 02.02.2024, 20:00 Uhr
Der beste Hirschrufer Deutschlands wurde gesucht – und in den Dortmunder Westfalenhallen gefunden. Dabei mischte bei der 25. Auflage des Wettbewerbs sogar richtig viel Nachwuchs mit.
Dieses eine Geräusch zu beschreiben, das am Freitagmittag durch die Messehallen in Dortmund dröhnte, ist ziemlich schwer. In Lautschrift etwa so: Röhr, röhr, röööööhr. Die Hirschrufer sind wieder los - wie jedes Jahr. Für die erfahrenen Teilnehmer ist das so etwas wie ein Klassentreffen. Man kennt und schätzt sich. In diesem Jahr mischen aber einige Neulinge das Feld auf.
Michael Bruch ist einer von ihnen. Der gebürtige Siegener fällt direkt auf – weil er leger mit Hemd auf der Bühne steht. Die anderen Teilnehmer und viele Besucher sind eher in Tarnfarben und dicker Jagdkleidung unterwegs.
Michael Bruch kurz vor dem Wettbewerb
Bruch zeigt sich trotzdem fasziniert: "Der Onkel eines Freundes ist mal deutscher Meister geworden. Das war schon während der Schulzeit ein Thema und man hat das dann auch schon mal ausprobiert".
Wenn Baumarkt-Mitarbeiter beim Röhren stören
Am Freitag steht er mit einem grauen Plastik-Rohr in der Halle. Sein Arbeitsgerät. Marke Eigenbau. "Die Profis haben natürlich entsprechend Material im dreistelligen Bereich. Das hat jetzt 3 Euro 75 gekostet, das ist eher meine Preisklasse", sagt der 31-Jährige.
Das Rohr hat er im Baumarkt gekauft: "Das war wirklich lustig, weil ich das Röhren natürlich im Baumarkt testen musste. Sobald kein Mitarbeiter da war, habe ich im Laden geröhrt. Und keine zehn Sekunden später stand da direkt ein Mitarbeiter."
"Das Ziel ist, nicht letzter zu werden. Dabei sein ist alles", sagt Bruch. Die Nervosität ist groß, denn zu viel sollte man vorher nicht üben, weil sonst die Stimme versagen könnte. Das scheint seinen Mitstreitern fast schon egal, um ihn herum wird schon geröhrt, was das Zeug hält.
Der jüngste Teilnehmer sitzt nur einige Meter weiter links – und hat sogar zwei Arbeitsgeräte dabei. Ein Holzrohr und ein "echtes" Horn.
Teilnehmer Immo Ortlepp bei seinem Hirschruf
Für einen Laien klingt das Röhren von Jerome Böhm aus Garbsen in der Nähe von Hannover schon extrem natürlich – und das, obwohl auch er zum ersten Mal dabei ist. Im letzten Jahr hat der Niedersachse seinen Jagdschein gemacht, da kam das Interesse für den Hirschruf von ganz allein.
"Es gibt natürlich die alten Platzhirsche hier, die seit Jahren dabei sind und natürlich auch schon weiter oben standen. Umso mehr Ansporn für einen Jungen, mal vielleicht den einen oder anderen vom Brunftplatz zu vertreiben", sagt der 23-Jährige mit einem Augenzwinkern.
Gelernt von den alten Hasen im Hirschruf
Er konnte mit zwei guten Hirschrufern üben, weiß aber auch: "Man wird nicht nur gut innerhalb von einem Jahr, sondern es macht auch die Erfahrung. Auch, um die Melodie des Hirsches richtig zu können." Die Konkurrenz hat eben massig Erfahrung und auch den natürlichen Hirschruf-Klang im Ohr.
Jerome Böhm röhrt sich warm
Das mache es schwierig, sich als Neuling gegen die anderen durchzusetzen. Aber: "Es macht Spaß. Mal gucken, was wir heute schaffen. Mein persönliches Ziel ist so das Mittelfeld, da wäre ich schon richtig glücklich. Und dann über die Jahre herantasten."
Der Wettkampf beginnt. Die Juroren, ebenfalls erfahrene Hirschrufer, sehen nicht, wer gerade an der Reihe ist. Sie sitzen abgeschirmt in Holzkabinen auf der Bühne. Drei verschiedene Disziplinen gibt es: Die Stimme eines alten, suchenden Hirsches sowie eines siegreichen Hirsches nach dem Kampf und das Rufduell zweier Hirsche – das ist die Königsdisziplin.
Nachwuchs schon zu Beginn ran
Den Start machte einer der erfahrenen Teilnehmer, danach ist Michael Bruch dran. Er setzt sein graues Plastikrohr an, der Ruf ist laut und dröhnend. Zögernder Applaus, auch bei der Jury. 7 Punkte, das sind deutlich weniger als die 18 Punkte seines Vorgängers. In der zweiten Runde läuft es besser. Wird es für einen Platz in der Mitte reichen?
Viele Hirschrufer reisen schon mit Fans an
Jerome Böhm aus Niedersachsen hatte einen besseren Start. Sein Röhren klingt im Vergleich fast schon schüchtern, nicht ganz so laut wie das der anderen. Aber: Einmal war die Höchstpunktzahl dabei. Auch der zweite Ruf, deutlich lauter, überzeugt. Beifall aus dem Publikum. Die Jury lässt Punkte regnen.
Die dritte Runde beginnt, die Königsdisziplin, das Rufduell zweier Hirsche. Der gebürtige Siegener Bruch muss mit seiner grauen Plastikröhre zuerst ran. Er hat sogar ein kleineres Rohr, das er in sein großes Plastikrohr steckt. Damit kann er den zweiten Hirsch imitieren. Die Jury war nicht überzeugt, vier von möglichen 24 Punkten. Das ist der letzte Platz. Im nächsten Jahr will er es aber noch mal versuchen.
Stechen sorgt nochmal für Spannung
Und der jüngste Teilnehmer Böhm? Liefert in der Königsdisziplin gekonnt ab - obwohl er direkt nach dem amtierenden Meister, einem Mann aus Bayern, ran muss. Mit 22 Punkten wurde er sogar besser bewertet. Das heißt: Jerome Böhm muss ins Stechen um Platz 3, gegen einen anderen Novizen. Da muss ein ruhender, abgebrunfteter Hirsch nachgeahmt werden. Wieder ein sanftes, leises Röhren.
Damit sichert er sich gekonnt den Platz auf dem Treppchen - und findet keine Worte für seinen Triumph. Nur eines sei klar: "Jetzt gleich erst mal ein kleines Schnäppsken." Dieser Tag wird gefeiert - vielleicht auch mit dem amtierenden Meister Fabian Menzel aus dem süddeutschen Nüdlingen, der übrigens auch der neue deutsche Meister im Hirschrufen ist. Er darf jetzt zur Europameisterschaft nach Polen.
Über dieses Thema berichten wir am 02.02.2024 im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Dortmund, 19:30 Uhr.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Messe Dortmund
- dpa