Demonstration in Dortmund: 1.500 Menschen gedenken Mouhamed Dramé
Stand: 12.08.2023, 19:12 Uhr
Ein Jahr nach den tödlichen Schüssen auf den 16-jährigen Mouhamed Dramé haben am Samstag etwa 1.500 Menschen friedlich gegen Polizeigewalt demonstriert. Worum es bei der Demo ging - und wie es Dramés Familie heute geht.
Am Ende der Demonstration hat William Dountio fast keine Stimme mehr. Immer wieder hat der Dortmunder vom Lautsprecherwagen Parolen wie "Justice for Mouhamed", also "Gerechtigkeit für Mouhamed" skandiert. Dountio und der "Solidaritätskreis Mouhamed" haben die Demonstration durch die Dortmunder Innenstadt organisiert.
Großdemonstration zu Polizeigewalt in Dortmund
Sie wollen vor allem Mouhamed Dramé gedenken, der vor einem Jahr bei einem Polizeieinsatz in der Dortmunder Nordstadt erschossen wurde. Der Jugendliche, der aus dem Senegal stammte, war am 8. August 2022 auf dem Gelände einer Jugendhilfeeinrichtung erschossen worden. Er soll zunächst gedroht haben, sich mit einem Messer zu töten, und wurde bei dem Einsatz von der Polizei erst mit Pfefferspray und zwei Tasern beschossen. Schließlich schoss ein Polizist mit einer Maschinenpistole, der Jugendliche starb im Krankenhaus. Der Fall beschäftigt die Landespolitik noch immer und hat die Arbeit der Polizei nachhaltig beeinflusst.
Auch andere Fälle mutmaßlicher Polizeigewalt Thema
Aber auch andere Fälle von mutmaßlicher Polizeigewalt sind auf der Demonstration Thema – wie etwa der bundesweit bekannte Fall von Oury Jalloh. Jalloh starb 2005 in einer Zelle des Dessauer Polizeireviers. Die genauen Umstände konnten nie vollständig aufgeklärt werden.
William Dountio bei der Demonstration in Dortmund
Deswegen fordern William Dountio und der "Solidaritätskreis Mouhamed" auch immer wieder eine vollständige Aufklärung des Falls Mouhamed und kritisieren die Polizei, weil der Einsatz vor einem Jahr so eskaliert ist. "Wenn man etwas falsch gemacht hat, dann muss man auch Kritik annehmen", findet Dountio.
Wut auf die Polizei entlädt sich verbal
Die Kritik schlägt bei vielen Demonstrierenden auch in Wut auf die Polizei um. Als der Demonstrationszug die Polizeiwache Nord passiert, aus der die an den Schüssen auf Mouhamed Dramé beteiligten Beamten stammen, heizt sich die Stimmung verbal auf. Die Wache ist mit Hamburger Gittern abgesperrt und wird von Polizisten der Einsatzhundertschaft geschützt. Die Demonstranten brüllen ihnen Parolen wie "Blut an euren Händen" oder "Wache Nord – das war Mord" entgegen. Die Situation bleibt aber friedlich.
Mitorganisator William Dountio ist am Ende der Demonstration zufrieden. Die Woche sei sehr anstrengend gewesen – Dountio hatte auch eine Mahnwache am Todestag von Mouhamed Dramé mitorganisiert – aber er habe sehr viel positives Feedback bekommen. Vor allem von Dramés Angehörigen im Senegal, die per Videocall immer wieder an der Demonstration "teilgenommen" hat, erzählt der Dortmunder. Mit ihnen steht er immer wieder in Kontakt.
Familie nimmt per Videocall an Demonstration teil
Für die Familie sei die Demonstration ein wichtiges Zeichen: "Die Familie ist sehr enttäuscht, dass die Stadt Dortmund keine Beileidsbekundungen geschickt hat. Sie befürchtet, dass die Stadt ihren Sohn vergisst", berichtet Dountio. Er und die vielen anderen werden aber vermutlich immer wieder auf die Straße gehen, um wegen Mouhamed Dramé zu demonstrieren.
Voraussichtlich gegen Ende des Jahres soll dann auch der Prozess gegen die beteiligten Polizisten vor dem Landgericht beginnen. Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Schützen Anklage wegen des Vorwurfs des Totschlags erhoben. Die vier anderen Polizisten müssen sich wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung beziehungsweise Anstiftung dazu verantworten.
Erster Todestag Mouhamed Dramé: Tödliche Polizei-Schüsse in Dortmund
Aktuelle Stunde. 08.08.2023. 12:10 Min.. UT. Verfügbar bis 08.08.2025. WDR. Von Christof Voigt.