Pflegeheimbewohner aus Siegburg suchen neue Einrichtung

Stand: 14.07.2023, 11:37 Uhr

Bis zum Ende des Monats bleibt den 25 Bewohnern eines Pflegeheims in Siegburg noch Zeit, einen neuen Heimplatz zu finden. Das Haus muss nach einem dubiosen Gesellschafterwechsel plötzlich schließen.

Von Tobias Al Shomer

Auf dem Bett von Elisabeth Stauf liegen viele gerahmte Bilder, auf dem Boden davor Papier zum Einwickeln. Ihre Töchter Vera Roland und Helga Witt übernehmen das. Sie müssen bis zum 27. Juli das Zimmer geräumt haben. Deshalb suchen sie seit Anfang Juli ein neues Pflegeheim. Aber das ist gar nicht so einfach.

Drei Frauen stehen in einem Zimmer des Pflegeheims. Eine von Ihnen sitzt in einem Rollstuhl und ist eine Bewohnerin der Pflegeeinrichtung.

Vera Roland (links) und Helga Witt (rechts) mit ihrer Mutter Elisabeth Stauf

Die beiden Schwestern sind angespannt. "Et is Stress. Magenschmerzen. Man heult zwischendurch mal watt", erzählt Helga Witt und ihre Schwester Vera ergänzt: "Wenn wir nichts finden, dann wird die Mama irgendwann, irgendwo zwangsuntergebracht. Das ist eine Katastrophe."

Dubioser Gesellschafterwechsel

Vor einem Monat ahnten sie noch nicht, dass es so schnell mit der Schließung des Heims kommen würde. Damals hatten sie noch Hoffnung als der Heimleiter Horst Thuro den Angehörigen und Bewohnern auf einer Krisensitzung erklärte, dass er für das Heim kämpfen wolle. Tatsächlich haben er und sein Team alles gegeben, aber es war ein Kampf, den sie nicht gewinnen konnten.

Alles begann mit einem dubiosen Gesellschafterwechsel. Dubios, weil der neue Gesellschafter schnell sämtliche Zahlungen einstellte und die Heimkonten sperren ließ. Es ist offenbar derselbe Gesellschafter, der zuvor in Solingen ein Haus übernommen und auch dort dann die Zahlungen eingestellt hat. In Solingen erstattete aber niemand Anzeige.

Staatsanwaltschaft ermittelt

In Siegburg ist das anders. Horst Thuro hat den neuen Gesellschafter wegen betrügerischen Bankrotts und Insolvenzverschleppung angezeigt. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft. Der neue Gesellschafter ließ eine WDR-Anfrage unbeantwortet.

Wegen dieser ausweglosen Situation sah die Heimaufsicht des Rhein-Sieg-Kreises die Pflege nicht mehr als gesichert an und empfahl die Schließung des Heims.

Umzüge der Bewohner beginnen

Der Schaden könnte sich auf bis zu 400.000 € belaufen, schätzt Thuro. Weil der neue Gesellschafter unter anderem Stromkosten und Gehälter nicht mehr bezahlt habe. Die genaue Summe ist noch unklar.

Die ersten Bewohner sollen bereits in den nächsten Tagen umziehen, also Mitte Juli. Bezahlt haben ihre Angehörigen bereits für den kompletten Monat. Eigentlich sollten sie darum einen Teil des bezahlten Geldes wieder zurückbekommen. Dass das klappt, ist aber unwahrscheinlich. Denn die Konten des Heims sind gesperrt und die Barmittel sind aufgebraucht.

Betreutes Wohnen muss auch umziehen

Doch für den Standort kommt es noch bitterer. Neben dem Pflegeheim leben auch 17 Menschen im betreuten Wohnen. Sie sind Mieter, wären von der Schließung des Heims nicht betroffen gewesen. Eigentlich.

Ende vergangener Woche gab es eine alle drei Jahre übliche Brandschau. Dabei haben Bauaufsicht und Feuerwehr Brandschutzmängel entdeckt. Deshalb müssen auch diese Menschen bis Ende des Monats ausziehen. "Das war wie ein Schlag in die Magengrube", erklärt Einrichtungsleiter Horst Thuro.

Umzug fällt schwer

Helga Witt und ihre Schwester machen sich nicht nur Sorgen, ob sie einen neuen Heimplatz für ihre Mutter finden, sondern auch darum, wie diese den Umzug verkraften wird. 12 Jahre hat Elisabeth Stauf im Heim in Siegburg gelebt.

Dass sie jetzt bald gehen muss, findet sie nicht richtig. Unverschämt sei das, sagt sie. Egal wo sie unterkommen wird, so schön wie in Siegburg, wird sie es nicht mehr antreffen, sind sich ihre Töchter sicher.

Über dieses Thema berichtet die Lokalzeit Bonn am 17.07.2023

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