Der Reißverschluss: älter als 130 Jahre - und nur manchmal verklemmt

03:09 Min. Verfügbar bis 22.08.2025

Der Reißverschluss: älter als 130 Jahre - und nur manchmal verklemmt

Stand: 21.08.2023, 10:37 Uhr

Der Reißverschluss gehört längst zum Alltag. Vor 130 Jahren ließ sich ein Amerikaner den ersten patentieren. Den Durchbruch schaffte er aber erst mit Hilfe aus NRW.

Von Inke Köster

Whitcomb Judson erhielt das Patent am 29.08.1893, für seine Erfindung eines neuartigen Schließmechanismus mit Haken und Ösen. Noch im gleichen Jahr stellte er ihn auf der Weltausstellung in Chicago aus. Judson gilt als "Vater des Reißverschlusses." Doch wirklich erfolgreich wurde seine Konstruktion nicht.

Industriehistoriker Reiner Rhefus vor dem früheren RIRi Gebäude

Reiner Rhefus, Industriehistoriker

Erst der Schweizer Martin Winterhalter, der schließlich über zwei Ecken das Patent erwarb, verhalf dem Reißverschluss viele Jahre später zum Durchbruch in Europa. Winterhalter perfektionierte ihn, erklärt der Wuppertaler Industriehistoriker Reiner Rhefus: "Aus Haken und Ösen wurden Rippen und Rillen, die ineinander griffen.“ Sein Unternehmen nannte Winterhalter entsprechend RiRi.

Erste serielle Fertigung

Rote angestrichenes altes Industriegebäude in Wuppertal Barmen

Das ehemalige RiRi Gebäude in Wuppertal Barmen

In der Gennebrecker Straße in Barmen, das heute zu Wuppertal gehört, siedelte Winterhalter 1927 mit seinem Unternehmen RiRi an. Barmen zählte damals, ebenso wie Krefeld oder Mönchengladbach zu den Textilhochburgen Europas. Den anderen Städten gegenüber hatte der Standort im Bergischen einen großen Vorteil, weiß Reiner Rhefus: "Die Reißverschlüsse basierten auf Bändern. Die musste man haben. Und Wuppertal war das Zentrum für die Bandindustrie in ganz Deutschland. Von da hatte er die Fachleute und da hat er auch die Bänder beziehen können." 400 bis 500 Bandwirker-Firmen gab es in den 20er Jahren in Wuppertal, große wie kleine.

Schon ziemlich bald standen bei RiRi rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Barmen am Fließband, das Tag für Tag 10.000 Meter Reißverschluss ausspuckte.

Beschleuniger im Alltag – ein Zeichen seiner Zeit

Leiterin LVR-Industriemuseum Claudia Gottfried hinter einer Schneiderpuppe

Claudia Gottfried, Landschaftsverband Rheinland

Für Claudia Gottfried vom LVR Industriemuseum Textilfabrik Cromford in Ratingen passt der Reißverschluss genau in seine Zeit. Die 20er Jahre gelten als Jahrzehnt der Modernisierung und der totalen Beschleunigung der Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Dazu passte die alte Kleidung nicht mehr. "Man musste die Sachen mühsam mit Haken und Ösen verschließen, mit Schleifen und Bändern, da war natürlich die Erfindung des Reißverschlusses revolutionär.", sagt Claudia Gottfried. Ein Zip - und schon war das Kleidungsstück an- oder ausgezogen. Anfangs legten die Hersteller noch Gebrauchsanleitungen bei. Inzwischen findet der Verwendung in ganz vielen Bereichen: für Kleidung, Taschen, Zelte, Tauch- und Surfanzüge, sogar für Ölsperren wird er genutzt.  

Reißverschluss der Zukunft

Etikett mit Gebrauchsanleitung des Reißverschlusses auf blauem Pullover

Eine Gebrauchsanleitung für den Reißverschluss

Inzwischen gibt es sogar smarte Reißverschlüsse, in deren Schiebern ist ein Chip eingebaut ist, auf dem Informationen gespeichert werden können. Zum Beispiel für Hinweise zu Materialien und deren Herkunft.

Über das Thema haben wir am 21. August 2023 im WDR-Fernsehen in der Lokalzeit aus Düsseldorf und Bergisches Land und im Hörfunk auf WDR2 berichtet.