Drogenprozess in Wuppertal: Erst entführt - jetzt angeklagt

Stand: 22.07.2022, 11:39 Uhr

Wegen Streitigkeiten im Drogen-Milieu wurde ein Wuppertaler zwei Mal Opfer einer Entführung. Jetzt steht er als mutmaßlicher Drogen-Dealer vor dem Wuppertaler Landgericht. 

Mehrere Taten und der Handel mit über 60 Kilogramm Marihuana werden dem 29-Jährigen vorgeworfen. Laut Anklage war er Mitglied in der Bande seines Bruders. Dieser war eine Szene-Größe mit dem Beinamen "König vom Berliner Platz". Diesen Namen hatte er von einem Stadtplatz im Osten der Stadt, einem bundesweit bekannten Drogen- und Kriminalitätsschwerpunkt.

Nur dabei, aber nicht mittendrin

Im vergangenen Jahr wurden der "König" und mehrere Mittäter zu Haftstrafen zwischen neun und vier Jahren verurteilt. Es folgten mehrere Prozess-Ableger, bei denen sich weitere "kleine" Drogen-Dealer aus dem Umfeld des Haupttätters verantworten mussten. Nun also der Bruder. Er sagte zu Prozessbeginn, er sei nur zwei Mal bei Deals dabei gewesen.

Tragische Figur oder Mittäter?

zu sehen ist der Berliner Platz

Der Berliner Platz in Wuppertal

Der jetzt angeklagte Mann betrieb einen Kiosk, direkt gegenüber vom Berliner Platz. Dort sei er mehrfach wegen Drogen-Deals angesprochen worden, wegen eines vermuteten "kurzen Dienstwegs" zu seinem Bruder, dem "König". Zu ihm habe er selbst ein enges, freundschaftliches Verhältnis gepflegt. "Natürlich wusste ich, was er macht, habe auch Einiges für ihn erledigt. Ich konnte nicht nein sagen, wenn er mich um was gebeten hat." So wurde er wohl auch zum Entführungsopfer.

"Es hat nicht viel gefehlt und die hätten mich abgeknallt." Angeklagter und Entführungsopfer

2015 und 2019 wurde der Angeklagte entführt, beide Male ging es um angebliche Drogenschulden seines in der Szene mächtigen Bruders. Zuletzt prügelten ihn die Entführer aus seinem Kiosk, verschleppten ihn in die Niederlande. Und das just an dem Tag, an dem die erste Entführung am Landgericht verhandelt werden sollte. Todesangst habe er gehabt. "Es hat nicht viel gefehlt und die hätten mich abgeknallt." Mit schweren Verletzungen an Kopf und Psyche lebt er nach eigener Aussage bis heute.

Ruhiger Berliner Platz?

Inzwischen ist viel passiert. Die Täter um den "König vom Berliner Platz" sind in Haft. Der Prozess gegen dessen 29-jährigen Bruder dürfte in diesem Zusammenhang einer der letzten sein.

zu sehen ist ein Straßenschild

Der "König vom Berliner Platz" sitzt nun in Haft.

Der Berliner Platz gilt zwar weiter als Angstraum, aber: "Der damalige Einsatz gegen den so genannten König vom Berliner Platz hat sehr tiefe Folgen in der Szene hinterlassen", sagt Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert. "Wir hatten in den Tagen danach fast überhaupt keinen Drogenhandel mehr im Bereich des Berliner Platzes". Seitdem hielten sich die Fallzahlen dort in einem überschaubaren Rahmen.