Amar Karaki und ihre Chefin Amelie Jennewein
Lokalzeit aus Aachen. 13.05.2024. 03:15 Min.. Verfügbar bis 13.05.2026. WDR. Von Anette Flentge.
Ehemalige Förderschülerin aus Bonn macht Meisterabschluss
Stand: 13.05.2024, 14:10 Uhr
Förderschule besucht und als leistungsschwach abgestempelt? Das muss nicht sein. Amar Karaki ist ein Beispiel dafür, dass es ganz anders laufen kann: Sie ist jetzt Konditor-Meisterin.
Von Anette Flentge
Liebevoll belegt Amar Karaki die kleinen Törtchen. "Da muss richtig viel Obst drauf", sagt sie, "die Kunden bezahlen ja auch dafür." So habe sie es während ihrer Ausbildung gelernt. Sie liebt ihren Job, weil er kreativ ist, sie immer neue Dinge entwickeln kann. Und sie mag den Umgang mit Kunden bei Madame Monsieur in Bonn-Rüngsdorf.
Dabei habe sie als Kind echt Startschwierigkeiten gehabt, Selbstbewusstsein Fehlanzeige. "Das war sehr schwierig für mich, ich war auch sehr schüchtern in meiner Schulzeit, hab mich nicht immer getraut, was zu sagen", gesteht sie.
Durchstart nach der Förderschule
Konditor-Meisterin Amar Karaki verziert Törtchen.
Das ändert sich erst, als ein Lehrer ihr empfiehlt, eine Förderschule zu besuchen. In der Siebengebirgsschule in Bonn kommt sie in eine Pilotklasse. Mit iPads wird hier selbstständig gearbeitet. Das habe ihr gut getan. Wenn sie unsicher war, habe sie sich in der Regel-Grundschule nicht getraut zu fragen, so Amar Karaki. "Aber hier war es anders, hier konnte ich fragen."
Nach dem Hauptschulabschluss beginnt sie die Lehre, holt den Realschulabschluss nach und macht sogar ihren Meister als Konditorin.
"Wenn alle Förderschüler so wären, dann nähme ich nur Förderschüler"
Bei Madame Monsieur in Bonn-Rüngsdorf bedient sie Kunden, wuselt durch den Laden, macht Bestelllisten, kassiert. Dort ist sie inzwischen stellvertretende Filialleiterin. Die Kunden interessieren sich für sie, haben mitbekommen, dass sie die Meisterprüfung machen wollte. Und jetzt kann sie stolz ihre Urkunde zeigen.
Ihre Chefin Amelie Jennewein beschreibt die 25-Jährige als zuverlässig, freundlich, pünktlich, kreativ und dass sie den Job mit Liebe und Leidenschaft macht. Sie habe gar nicht gewusst, dass Amar von der Förderschule kommt. "Weil für mich das war nie zu merken", sagt sie mit ihrem französischen Akzent. "Weil sie ist wirklich eine von unseren besten Mitarbeiterinnen. Das ist umso schöner. Wenn alle Förderschüler so wären, dann nähme ich nur Förderschüler."
Eigenständiges Arbeiten gelernt
Karaki und ihr ehemaliger Schulleiter Achim Bäumer stehen noch in Kontakt.
Zu ihrer alten Schule und dem Schulleiter hat Amar Karaki immer noch Kontakt. Schulleiter Achim Bäumer zeigt ihr und zwei anderen ehemaligen Schülern der Siebengebirgsschule stolz die neuen Räume. Einer der Ehemaligen macht gerade das Fachabitur, der andere steckt mitten im Abitur.
Amar Karaki war in der Pilotklasse, als sie vor zehn Jahren hier mit einem neuen Konzept gestartet sind. Mit Tablet-Computern können die Schüler eigenständig, zu jeder Zeit und in jedem Raum arbeiten. Dabei stehen individuelle Förderung und eigenverantwortliches Arbeiten im Vordergrund.
"Man kann alles erreichen"
Dass sie Förderschüler sind, haben die Schüler erstmal nicht kommuniziert. "Ich bin jetzt im letzten Jahr und da hab ich es jetzt den Ersten so offen erzählt einfach und die meisten waren tatsächlich sehr überrascht", sagt Valentin Weller.
Amar Karaki hat ihr Selbstbewusstsein und ihren Traumjob gefunden. Dass der schon morgens um 6 Uhr beginnt, mache ihr nichts aus. Sie hat etwas erreicht. "Es ist total neu für mich. Ich kann es immer noch nicht fassen, dass es geschafft ist, mein Ziel, das ich eigentlich von Kleinauf hatte", freut sich die 25-Jährige. Und etwas ganz Wichtiges habe sie dabei gelernt: "Man kann immer alles erreichen, wenn man motiviert ist und den Willen hat, auch dahin zu kommen. Man muss sich auch trauen und etwas riskieren."
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