Das Landgericht und Amtsgericht Düsseldorf

Nach eskalierter Firmenfeier auf Mallorca - Opfer lebenslang behindert

Stand: 06.11.2024, 15:31 Uhr

Im Berufungsprozess um eine eskalierte Firmenfeier auf Mallorca kann sich der Angeklagte an nichts erinnern.

Von Martin Höke

Der folgenschwere Schubser bei einer Firmenfeier auf Mallorca vor sechs Jahren hat heute in der Berufung das Landgericht Düsseldorf beschäftigt. Angeklagt ist ein inzwischen arbeitsloser Immobilien-Makler aus Düsseldorf.

Der 48-jährige Familienvater wehrt sich in der Berufung gegen die aus seiner Sicht zu harte erstinstanzliche Verurteilung, die Staatsanwaltschaft gegen seine zu milde Bestrafung. Das Amtsgericht hatte den Makler wegen schwerer Körperverletzung zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt, die Anklage hatte eine 18-monatige Bewährungsstrafe gefordert.

Vorwurf: schwere Körperverletzung

Dem Makler wird schwere Körperverletzung in einem minder schweren Fall vorgeworfen. Laut Anklage hatte er am 28.09.2018 auf der Zufahrt eines Hotels auf Mallorca seinen schwer angetrunkenen Kollegen so heftig umgestoßen, dass dieser ungebremst auf den Hinterkopf stürzte und sich dabei schwere, irreparable Hirnschäden zuzog.

Zuvor soll der Kollege zwei weibliche Auszubildende sexuell bedrängt haben. Schon im Vorfeld sei der ebenfalls alkoholisierte Makler deshalb schon zwei Mal mit dem Kollegen im Eingangsbereich des Hotels aneinandergeraten. Andere Mitarbeiter waren demnach dazwischengegangen und hatten die Streithähne trennen können.

Selbst betrunken - keine Erinnerung

Zum Auftakt der Berufungsverhandlung erklärte die Verteidigerin des Angeklagten heute, dass ihr Mandant vor und auf der Firmenfeier viel getrunken habe. Ihr Mandant wisse nichts mehr davon, dass er den 44-Jährigen umgestoßen habe.

Er könne sich nur noch an den Streit mit dem schwer angetrunkenen Kollegen erinnern. "Ich war erregt, weil es sich um zwei Mädchen im Alter meiner Töchter gehandelt hat", ergänzte der vierfache Familienvater.

Schwere Folgen für Kollegen

Laut Anklage zog sich der jüngere Kollege bei dem Aufprall ein ausgeprägtes, sich schnell ausbreitendes Subduralhämatom (Hirnblutung) sowie eine Fraktur des Hinterhauptbeins (Schädelbruch) und eine Frakturlinie am rechten Hinterkopf zu. Die Folgen für den 44-Jährigen sind dramatisch.

Ex-Leistungssportler behindert

"Ich fühle mich wie ein behinderter Krüppel", berichtete er heute vor Gericht. Über drei Monate habe er im Koma gelegen, dann folgten über fünf Monate Reha. Mit "keine Aussicht auf Besserung", beschreibt er den Zustand. Motorische Störungen, Hörverluste und Gesichtsfeldeinschränkungen schränken den einstigen Leistungssportler massiv ein.

"Ich war 1999 im Tennisdaviscup-Team des Iran", betonte er. Nach eigener Aussage hatte auch er auf der Firmenfeier viel getrunken und einige Tage zuvor auch Kokain genommen.

Verfahren gegen Opfer wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt

Wegen der mutmaßlichen sexuellen Belästigung der weiblichen Auszubildenden hatte die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Mann eingeleitet. Es sei aber wegen der dauernden Verhandlungsunfähigkeit des 44-Jährigen eingestellt worden, bestätigt Staatsanwalt Christoph Kumpa auf Nachfrage.

Angeklagter als vierfacher Vater arbeitslos

Der Angeklagte wurde nach seiner erstinstanzlichen Verurteilung entlassen "Ich sei für die Firma nicht mehr tragbar", sei ihm gesagt worden.

Sein anderes Problem: der gestürzte Kollege ist schwer behindert und wird zeitlebens arbeitsunfähig bleiben. Das heißt für den vierfachen Familienvater, dass auf ihn bei einer rechtskräftigen Verurteilung in der Sache hohe Zahlungsforderungen von Kranken- und Pflegekassen zukommen.

Nur eine Ursache für Hirnschäden?

Dabei wird entscheidend sein, ob sein mutmaßlicher Stoß die irreparablen Hirnschäden verursacht hat oder aber zwei weitere Aufschläge. Denn der 44-Jährige war noch weitere Male mit dem Kopf aufgeschlagen.

Kollegen hatten ihn in die Hotelhalle getragen und dort auf einen Stuhl gesetzt, von dem er mehrfach heruntergerutscht und auf den Boden gefallen war. Dazu sollen im Prozess Sachverständige gehört werden. Für den Prozess sind bis zum 2. Dezember noch sechs Verhandlungstage angesetzt.

Düsseldorf: Prozess um eskalierte Firmenfeier auf Mallorca - Opfer bleibt lebenslang behindert

WDR Studios NRW 06.11.2024 00:23 Min. Verfügbar bis 06.11.2026 WDR Online


Quellen:

  • Landgericht Düsseldorf

Weitere Themen