Brandschutt gammelt in Wipperfürther Wohngebiet
Stand: 14.11.2023, 17:32 Uhr
Ein unglaublicher Fall mitten in Wipperfürth: In einem Wohngebiet türmt sich seit einem Jahr angeblich belasteter Brandschutt. Im vorigen November brannte das Haus einer Familie ab – aber keiner will den wahrscheinlich giftigen Müll annehmen und abtransportieren.
Von Gaby van den Boom
Für Thorsten und Martina Schlenkhoff ist das eine Katastrophe. Die Familie lebt übergangsweise mit dem Sohn in einer Zwei-Zimmer-Wohnung. Der Kredit für ihr Einfamilienhaus, das kurz nach ihrem Einzug abgebrannt ist, läuft weiter. Zehn Monate zahlte die Versicherung die Wohnung. Doch dieser Zeitraum ist jetzt vorbei.
Schon längst wollte Familie Schlenkhoff ein neues Fertighaus auf ihr Grundstück setzen. Alles ist vorbereitet. Doch dafür muss das Grundstück frei von Bauschutt sein. Wie lange sie die Doppelbelastung noch tragen können, wissen sie nicht.
Schadstoffe im Bauschutt
Die Familie hat für den Abtransport des Brandschutts mittlerweile das dritte Entsorgungsunternehmen beauftragt. Auf Nachfrage des WDR erklärte das Unternehmen im August, dass sich wegen der Schadstoffe bundesweit keine Sonder-Verbrennungsanlage findet, die bereit ist, den Schutt anzunehmen. Man arbeite aber intensiv daran.
Das Landesumweltamt erklärte im August, dass das oberbergische Umweltamt zuständig sei. Das erklärte wiederum schriftlich, dass die Verantwortung für die Entsorgung dem Eigentümer obliege.
Eigentümer überfordert
Zu dem Brandschutt gibt es mittlerweile acht Gutachten. "Ich kann sie nicht interpretieren", erklärt Thorsten Schlenkhoff, man habe ihm im Sommer nur erklärt, dass der Brandschutt stark belastet sei, unter anderem mit PFT, einem krebserregenden Stoff: "Mir ist immer nur gesagt worden, die Werte sind zu hoch. Er kann da nicht weggeholt werden, weil das alles kontaminiert ist."
Nachbarn besorgt
Auch die Nachbarn verlieren mittlerweile die Nerven und schreiben aus eigenen Stücken Verwaltungen an: Sie bitten um Unterstützung. Es könne doch nicht sein, dass angeblich giftiger Müll ein Jahr lang ungeschützt mitten im Wohngebiet liegt.
Schließlich fragt die Bürgermeisterin nach und bekommt die überraschende Information, dass der Brandschutt wohl doch angenommen werde.
Überraschende Wende
Obwohl bereits acht Gutachten vorliegen, hatte die Umweltbehörde in Absprache mit dem Landesumweltamt ein neues Gutachten empfohlen. Das weist jetzt plötzlich keine Belastungen mehr auf. Das Entsorgungsunternehmen teilt der Familie mit, dass sich eine norddeutsche Verbrennungsanlage bereit erklärt hat, den Schutt anzunehmen. Noch gebe es nichts Schriftliches, zahlreiche Papiere fehlten noch.
Auswaschungen der Giftstoffe nicht ausgeschlossen
Auf Nachfrage des WDR bestätigt das zuständige Umweltamt, dass die erneute Beprobung eine Belastung unterhalb der Grenzwerte ergeben habe. Das sei "vermutlich auf die Inhomogenität der Brandabfälle zurückzuführen". Eine Kontamination des Bodens durch Auswaschungen sei nicht auszuschließen.
Der Boden werde beprobt, wenn der Abfall entfernt wurde. Auf die Frage, ob eine Gefahr für die Anwohner bestehe, antwortet die Umweltbehörde: "Die Frage kann erst nach Vorlage der Ergebnisse der Beprobung beantwortet werden, ist aber eher nicht zu erwarten."
Leidtragende sind die Eigentümer
"Ich glaube, dass keiner die Verantwortung übernehmen will. Da will sich keiner die Finger dran verbrennen. Das ist meine Meinung dazu", erklärt Thorsten Schlenkhoff.
Seine größte Sorge ist, dass das Ping Pong um die Zuständigkeiten weitergeht, wenn der Brandschutt endlich weg ist. "Dann werden Bodenproben genommen, dann warten wir und dann nimmt womöglich keiner das kontaminierte Erdreich an."
Über dieses Thema berichtet der WDR am 15.11.2023 auch im Fernsehen in der WDR Lokalzeit aus Wuppertal.