Der Stromabnehmer einer S-Bahn ist vor dem Abendhimmel an der Oberleitung zu sehen.

Warum Bahn-Oberleitungen so gefährlich sind

Stand: 02.07.2024, 10:40 Uhr

Erneut ist eine Jugendliche bei einem Stromunfall am Güterbahnhof in Schwerte schwer verletzt worden. Die Gefahr durch Oberleitungen wird oft unterschätzt.

Das 13 Jahre alte Mädchen war am Montag offenbar auf einen abgestellten Waggon geklettert. Dann erlitt sie einen extrem starken Stromschlag: Ob sie direkt mit der Oberleitung in Kontakt gekommen ist oder ob sie von einem sogenannten "Lichtbogen" getroffen wurde, ist noch nicht geklärt. Das Mädchen schwebt in Lebensgefahr. Ihre jugendlichen Begleiter blieben äußerlich unverletzt. Sie wollten nach WDR-Informationen ein Video drehen.

Es ist nicht der erste Unfall an diesem Bahnhof: Erst im Februar starb dort ein 18-Jähriger durch einen tödlichen Stromschlag und im Frühjahr 2023 ein 13-Jähriger.

Warnschilder deuten an Bahnanlagen darauf hin, dass in der Nähe der Oberleitungen Lebensgefahr besteht. Trotzdem kommt es immer wieder zu fatalen Unfällen: Kinder und Jugendliche spielen auf dem Gelände oder klettern als "Mutprobe" auf Züge, aber auch Grafitti-Sprayer gehen hin und wieder ein hohes Risiko ein.

Grafik - Stromleitung, Zugwagen,15.000 Volt

Warum sind Oberleitungen so gefährlich?

Die Gefahr, die oft unterschätzt wird: Starkstrom-Oberleitungen sind nicht nur lebensgefährlich, wenn man sie anpackt. Es reicht aus, wenn sich jemand weniger als 1,50 Meter nähert - bei hoher Luftfeuchtigkeit auch ein größerer Abstand. Strom kann auf die Luft überspringen und über einen Lichtbogen durch den Körper fließen.

Der menschliche Körper besteht zu etwa zwei Dritteln aus Wasser, das sehr gut leitet. Wenn Starkstrom durch den Körper fließt, können Temperaturen von über 1.000 Grad entstehen - dies endet oft tödlich. Bahn-Oberleitungen haben eine Stromstärke von 1.000 Ampere und eine Spannung von 15.000 Volt. Das ist etwa 65 Mal stärker als der Strom aus einer normalen Steckdose.

Mit Stöcken und Flüssigkeiten fern bleiben

Die Bundespolizei weist daher darauf hin, sich unbedingt von den Oberleitungen fernzuhalten, denn Strom sei weder sichtbar, noch hör- oder riechbar. Wenn Kinder beispielsweise versuchten, mit einem Stock an die Oberleitung zu gelangen, könne dies lebensgefährlich sein. Auch das Kippen von Flüssigkeiten auf Oberleitungen sei gefährlich.

Falls jemand Zeuge eines Unfalls mit einer Starkstrom-Oberleitung wird, rät die Bundespolizei Ersthelfern zur Vorsicht. Denn wer sich direkt zum Unfallopfer begibt, gefährdet sich selbst, weil noch Strom fließt. Zuerst muss der Strom abgeschaltet werden. Ersthelfer sollen daher zuerst den Notruf wählen.

Unsere Quellen

  • Deutsche Presse Agentur
  • Bundespolizei
  • WDR-Wissenschaftsredaktion

Über dieses Thema berichtet der WDR am 02.07.2024 auch in seinen Radio- und Fernsehprogrammen.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags wurde das Alter des verunglückten Mädchens mit 12 angegeben. Die Bundespolizei hat die Angaben mittlerweile korrigiert.

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