Symbolbild Geldscheine

Für die schwarze Null: Land zapft Pensionsfonds an

Stand: 16.10.2023, 16:20 Uhr

Eigentlich sollten mit dem Pensionsfonds die in Zukunft stark steigenden Altersbezüge der Landesbeamten bezahlt werden. Doch die Landesregierung will mit ihm jetzt Haushaltslöcher stopfen.

Von Landespolitik-Redakteur Wolfgang OttoWolfgang Otto

"O’zapft is" heißt es in Bayern, wenn das erste Bierfass auf dem Oktoberfest angeschlagen wird. In NRW gilt bald das gleiche - allerdings bezogen auf den bislang sorgsam gehegten Pensionsfonds des Landes. Der Grund: Im nächsten Jahr will die schwarz-grüne Landesregierung erstmals Geld aus dem Rücklagen-Topf für die Beamtenversorgung abzweigen.

CDU-Minister will Haushaltslöcher stopfen

Eine Überweisung in Höhe von 343 Millionen Euro hat Finanzminister Markus Optendrenk (CDU) für 2024 eingeplant, um damit seinen Haushalt auszugleichen. Gleichzeitig soll es auch kein frisches Geld mehr für den Fonds geben. Die bisher üblichen jährlichen Sparbeiträge des Landes werden gestoppt. Insgesamt verschafft sich Optendrenk damit zusätzlichen 543 Millionen Euro für seinen Landeshaushalt.

Doch gegen das Manöver formiert sich breiter Widerstand. Der Deutsche Beamtenbund NRW (DBB-NRW) hat "kein Verständnis" für die Entnahme bei gleichzeitigem Einzahlungs-Stopp, wie es in einer Stellungnahme zur Anhörung zum Haushaltsgesetz 2024 heißt. Der Landesrechnungshof sieht die Operation in seinem Gutachten "sehr kritisch".

Im Ergebnis würden damit "zu Lasten einer generationengerechten Vorsorge zusätzliche finanzielle Spielräume im Haushalt geschaffen." Der Bund der Steuerzahler fordert die Landesregierung auf, die Entnahme zu stoppen. Mehr noch: Es müsse "zwingend im nächsten Jahr weiter in den Pensionsfonds eingezahlt werden".

Rund 13 Milliarden Euro im Pensionsfonds

Im Pensionsfonds des Landes wurde in den vergangenen Jahren rund 13 Milliarden Euro (Stand Ende 2022) angespart, zuletzt kamen jedes Jahr weitere 200 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt hinzu. Der Fonds wurde in den 90er Jahren angelegt, um mit dem angesammelten Geld die bis 2040 absehbar steigenden Beamtenpensionen zumindest zu einem Teil zu begleichen.

Derzeit hat das Land 223.000 Beamte und Beamtinnen zu versorgen. In den kommenden Jahren wird diese Zahl auf rund 234.000 steigen. Ergebnis: Die jährlichen Kosten für den Landeshaushalt werden von 8,4 Milliarden Euro im Jahr 2020 auf 12,5 Milliarden Euro im Jahr 2040 zulegen.

Mit steigenden Kosten für die Beamtenversorgung rechtfertigt das Land denn auch, dass sie jetzt schon in den Abschöpfungs-Modus umschalten will. Außerdem würden bisher nur die Erträge des Spar-Fonds abgeschöpft, die Substanz bleibe dabei erhalten.

Landesrechnungshof rechnet nach

Dieser Darstellung tritt der Landesrechnungshof allerdings entgegen. Die obersten Kassenprüfer des Landes rechnen vor: Die Ausgaben des Landes für die Beamtenversorgung steigen im nächsten Jahr nur um 16 Millionen Euro. Dagegen bedient sich die Landesregierung aber mit 343 Millionen Euro aus dem Fonds.

Nach Ansicht der Betroffenen-Verbände verheißt der Kurswechsel von Schwarz-Grün nichts Gutes für die künftige Beamtenversorgung. Weil kein frisches Geld mehr nachkommt und die Erträge abgeschöpft werden, warnt der NRW-Ableger der Deutsche Steuergewerkschaft  vor einem "inflationsbedingten Wertverzehr" des Fonds.

Verärgerte Gewerkschaften

Gewerkschafts-Vertreter sind darüber besonders erbost. Denn den Beamten und Beamtinnen wurden in der Vergangenheit Besoldungs- und Versorgungs-Erhöhungen gekürzt, um mit dem dadurch freiwerdenden Geld den Pensionsfonds aufzubauen.

Nach Berechnungen des DBB NRW verzichten die aktiven Staatsdiener dadurch auf mindestens 600 Millionen Euro im Jahr. Diese Summe müsste nach Ansicht der Gewerkschaften jährlich in den Pensionsfonds weiterhin eingezahlt werden. Und eine Auszahlung sollte nicht vor 2030 in Erwägung gezogen werden, meint auch der Bund der Steuerzahler.

Ohnehin verweigert sich die Landesregierung einer genauen Kalkulation über den künftigen Deckungsbedarf aus dem Pensionsfonds, wie der Landesrechnungshof seit Jahren beklagt. Ein solches Konzept müsse nun endlich vorgelegt werden, fordern die Rechnungsprüfer jetzt. Wegen der Stellensteigerungen der vergangenen Jahre würden sich die künftigen Versorgungsaufwendungen nochmal erhöhen. 

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