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Klima und Haushalt schonen: NRW-Grüne nehmen Bund in die Pflicht

Stand: 06.07.2023, 06:00 Uhr

Über die Etats für 2024 wird gerade heftig gestritten. Dabei hätten die Finanzminister mehr Spielraum, wenn sie umweltfeindliche Subventionen streichen würden, finden die Grünen.

Von Tobias ZacherTobias Zacher

Der Streit um den Bundeshaushalt hatte sich in dieser Woche zugespitzt: Zuletzt zankten sich Grüne und FDP um Elterngeld und Kindergrundsicherung. Am Dienstag schaltete sich auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in die Debatte um den Bundesetat ein. Auch nach dem gestrigen Kabinettsbeschluss sind einige wichtige Detailfragen im Haushalt von Christian Lindner (FDP) weiter ungeklärt.

Als NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) vor zwei Wochen die Eckdaten seines Entwurfs für das kommende Jahr vorstellte, fiel die Kritik der Opposition scharf aus: Von "unangemessen" (FDP) bis "ambitionslos" (SPD) reichten die Reaktionen. Ob der NRW-Haushalt aus dem vergangenen Jahr überhaupt verfassungsgerecht war, muss weiterhin ein Gericht klären.

Insgesamt haben Rezession und Inflation dazu geführt, dass derzeit so erbittert um die Haushaltspolitik gestritten wird wie seit vielen Jahren nicht mehr. Auch die Schuldenbremse trägt dazu bei.

Ampel wollte eigentlich klimaschädliche Förderung abbauen

In dieser Zeit, in der die Finanzminister immer weniger Spielraum in ihren Kalkulationen haben, erinnern die Grünen im NRW-Landtag an einen haushaltspolitisch wunden Punkt: klimaschädliche Subventionen.

In einem dreiseitigen Papier, das dem WDR vorliegt, fordern sie den Abbau dieser staatlichen Unterstützungen, um - ganz entsprechend der Partei-DNA - Klimaschutz und Steuerpolitik unter einen Hut zu bringen. Verfasst haben es der Parlamentarische Geschäftsführer Mehrdad Mostofizadeh und Simon Rock, der Haushalts- und Finanzpolitische Sprecher der Landtags-Fraktion.

Darin appellieren die beiden NRW-Grünen an die Bundesregierung, dass sie, "umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen" soll - denn auf diese Formulierung hatten sich die Ampel-Parteien in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt. "Einerseits unternimmt der Staat vollkommen zu Recht erhebliche finanzielle Anstrengungen zur klimaneutralen Transformation unserer Gesellschaft, um so die Pariser Klimaziele zu erreichen. Andererseits unterstützt er durch diese Subventionen klimaschädliches Handeln", schreiben die beiden Autoren und nennen dieses Vorgehen "geradezu absurd".

NRW könnte kurzfristig von bis zu drei Milliarden Euro profitieren

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (Grüne)

Das Gesamt-Volumen der staatlichen Hilfen, die dem Klima schaden, ist in der Tat beträchtlich: Auf über 65 Milliarden Euro beziffert sie das Umweltbundesamt. Rund die Hälfte davon seien kurzfristig streichbar, rechnet die Behörde vor. Selbst wenn dieses Potenzial am Ende nicht voll ausgeschöpft wird: Für den NRW-Landeshaushalt allein erwarten Rock und Mostofizadeh eine zügige Entlastung von zwei bis drei Milliarden Euro.

Vergünstigungen für Kerosin und Diesel auf der Streichliste

Simon Rock

Simon Rock (Grüne)

Zu den Subventionen, die gestrichen gehörten, zählen die beiden Grünen unter anderem die Pendlerpauschale, das Dienstwagenprivileg oder auch die Steuervergünstigungen für Kerosin und internationale Flüge sowie für Diesel. Laut Umweltbundesamt summieren sich die staatlichen Subventionen in diesen Bereichen auf knapp 30 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der aktuelle, erbittert geführte Streit um die Kindergrundsicherung dreht sich um ein Volumen von maximal zehn Milliarden Euro. "Bei den genannten Beispielen wird auch deutlich, dass Besserverdienende deutlich mehr von diesen Subventionen profitieren als finanziell schwächere", schreiben die beiden Grünen-Politiker in ihrem Autorenpapier.

Doch warum nun ein bundespolitischer Vorstoß dieser Art aus NRW? Schließlich regieren die Grünen in der Bundes-Ampel mit. "Wir nehmen wahr, dass die FDP und insbesondere Bundesfinanzminister Christian Lindner sich nicht an die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag gebunden fühlen. Und dass die SPD unter Kanzler Scholz auch nicht wirklich bereit ist, da ein Machtwort zu sprechen", sagte Simon Rock dem WDR. Er erwarte nun, "dass die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag auch endlich eingehalten werden". Sein Autorenpapier soll dazu Anlass geben.

Für Änderungen müsste der Bund aktiv werden

Unterm Strich sind den NRW-Grünen ein Stück weit die Hände gebunden: Allein der Bund hat die Kompetenz, die klimaschädlichen Subventionen zu streichen. Denkbar wäre noch eine Bundesrats-Initiative, angetrieben von Nordrhein-Westfalen. Doch es erscheint eher unwahrscheinlich, dass die CDU ausgerechnet die Abschaffung der Pendlerpauschale oder des Dienstwagenprivilegs zu ihrer Priorität macht. Auf WDR-Anfrage wollte weder das CDU-geführte Landesfinanzministerium den Vorstoß der NRW-Grünen kommentieren noch die CDU-Landtagsfraktion.

Über dieses Thema berichtet der WDR-Hörfunk am 06. Juli ab 17:05 Uhr in der WDR5-Sendung "Westblick".

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