Außergewöhnlich heiße Tage im Sommer können vor allem für ältere oder geschwächte Menschen schnell gefährlich werden. Sie verkraften Hitze oft schlecht. Das liegt zum Teil an Krankheiten und Medikamenten, aber auch daran, dass das Durstgefühl mit dem Alter nachlässt. Der Organismus braucht länger, um die Hitze zu verarbeiten und abzukühlen. Kassenärztechef Andreas Gassen fordert deshalb eine Klimatisierung von Altenheimen bei Hitze, "denn dort leben nur besonders gefährdete Menschen", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Arbeitsaufwand auch für Pfleger hoch
Und auch für die Pflegekräfte ist der Arbeitsaufwand an heißen Tagen besonders groß: immer wieder Wasser reichen, Speisepläne anpassen, regelmäßig Blutdruck messen und hin und wieder Wasserbäder für Füße, Arme und Hände. Doch das reicht nicht, um sich vor Hitze zu schützen.
Zweifel an geplanten Schutzräumen
Kassenärztechef Andreas Gassen
Die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Schutzräume für die Öffentlichkeit hält Andreas Gassen außerdem für schwer umsetzbar. Runtergekühlte Turnhallen wären ja nur sinnvoll, wenn man die von Hitze bedrohten Menschen einsammelt und dorthin bringt und versorgt. "Manches, was in der Theorie gut klingt, ist in der Praxis schwer bis gar nicht umsetzbar", sagte Gassen mit Blick auf die Hitzeschutzschild-Ankündigungen Lauterbachs.
Zur Versorgung durch Haus- und Fachärzte ergänzte er, sie könnten stärker und gezielt gerade ältere Menschen beraten: Das ist aber zeitintensiv und muss daher gesondert vergütet werden. Dafür braucht es Lösungen.
Doch Gassens Idee trifft nicht nur auf Zustimmung. Der Allgemeinmediziner Thomas Nasse weist im Gespräch mit dem WDR auch auf die Gefahren hin, die Klimaanlagen in medizinischen Einrichtungen mit sich bringen können. Klimaanlagen könnten über ihr Gebläse auch Viren oder Bakterien verteilen, so der Mediziner: "Eine Klimaanlage, die ein bisschen feucht ist von Innen, kann auch Pilzspuren rausgeben und dann zu Lungenentzündung oder sonst etwas führen."
Arbeit an bundesweitem Hitzeschutzplan
Das Gesundheitsministerium arbeitet derzeit an einem bundesweiten Hitzeschutzplan. Es sieht vor, das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes standardmäßig zu nutzen. Die Länder sollen prüfen, ob bei bestimmten Warnstufen eine Reihe von Maßnahmen verpflichtend sein sollen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bei der Vorstellung der Pläne angekündigt, man wolle sich an Frankreich orientieren, wo je nach Schwere einer Hitzewelle im ganzen Land Schutzmaßnahmen ausgelöst werden. Diese reichen von Kälteräumen über Hitzeaktionspläne für Pflegeeinrichtungen und Kliniken bis zu Anrufen bei alten Menschen, damit sie regelmäßig trinken.
Durch den Klimawandel kommt es laut Experten deutlich häufiger zu Hitzewellen. Bislang existieren in Deutschland aber kaum Konzepte für den Hitzeschutz. Allein im vergangenen Jahr kam es nach Angaben des Robert Koch-Instituts zu mehr als 4.500 hitzebedingten Todesfällen. In den drei Sommern 2018 bis 2020 starben in Deutschland demnach sogar mehr als 19.000 Menschen aufgrund der Hitze.
Wie sind NRW-Städte gegen Hitze aufgestellt?
Wie reagieren die Kommunen in NRW auf extreme Hitze, Dürre oder Überflutungen? Eine bundesweite Umfrage unter 400 Kreisen und kreisfreien Städten hat ergeben, dass einige Kommunen schon sehr weit sind - andere nicht.
Während etwa bundesweit nur ein Viertel der befragten Kommunen angaben, über ein fertiges Klimaanpassungskonzept zu verfügen, haben in NRW bereits fast die Hälfte aller Kreise und kreisfreien Städte ein entsprechendes Konzept erarbeitet. Dabei ist aber zu beachten, dass viele Pläne noch nicht viel über die Wirksamkeit der Maßnahmen aussagen.