Wie Instagram Eltern mehr Kontrolle geben möchte
02:16 Min.. Verfügbar bis 18.09.2026. Von Jörg Schieb, Jörg Schieb.
Teen-Konten: So ermöglicht Instagram Eltern mehr Kontrolle
Stand: 18.09.2024, 13:12 Uhr
Instagram hat "Teen"-Konten für Kinder und Jugendliche mit eingeschränkten Inhalten und Funktionen angekündigt. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb erklärt, welche Vorteile diese Konten haben, und was Eltern künftig einstellen und überwachen können.
Von Jörg Schieb
Sobald Kinder oder Jugendliche zum ersten Mal ein eigenes Smartphone bekommen, beginnt für Eltern eine schwierige Zeit: Sie verlieren nach und nach einen großen Teil der Kontrolle über ihre Kinder.
Über das, was sie sehen, was sie anschauen, was sie lesen, womit sie sich beschäftigen, welche Themen an sie herangetragen werden, mit wem sie sich austauschen und selbst, wie intensiv sie Apps nutzen. Schließlich sind die Geräte so klein, dass niemand immer "aufpassen" kann. Eine umfassende Kontrolle ist völlig unmöglich.
Eltern verlieren bislang leicht die Kontrolle
Und dann kommen noch die unbestreitbaren Bedrohungen durch Plattformen wie TikTok und Instagram dazu: Sie zeigen den Minderjährigen nicht selten Inhalte, die nicht altersgerecht sind und sie sogar verstören können. Auch gibt es viele Inhalte, die zu absurden Körperbildern und in der Folge zu Essstörungen und sogar schweren psychischen Problemen führen können.
Spätestens, seitdem Whistleblowerin Frances Haugen als Ex-Mitarbeiterin beim Facebook-Konzern den Betreibern von Instagram vorgeworfen hat, alle schlechten und gefährlichen Einflüsse nicht nur zu kennen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen sogar teilweise zu befördern, wächst der politische Druck auf den Meta-Konzern, der Instagram betreibt - in den USA, aber auch in Europa.
"Teen"-Konten sollen Eltern die Kontrolle zurückgeben
Jetzt hat der Konzern reagiert und ein Paket eingeführt, "Teen-Konten" genannt, das Eltern mehr Macht und Kontrolle über die Inhalte geben soll, die ihre Kinder auf Instagram zu sehen bekommen.
Eltern können in Zukunft das Verhalten ihrer Kinder auf Instagram kontrollieren und auch vieles bestimmen - etwa, wie viel Zeit die Kinder überhaupt mit der App verbringen dürfen. Nach 60 Minuten pro Tag erscheinen Aufforderungen, die App zu beenden. Nachts wird die App automatisch deaktiviert.
Filter für sensible Inhalte
Mehr Einstellmöglichkeiten für Eltern
Die Funktion "Sensible Inhalte" wird bei Teen-Konten auf die schärfste Stufe gestellt: Inhalte wie Gewalt, kosmetische Eingriffe oder anderweitig schädliche Inhalte werden gefiltert oder wenigstens eingeschränkt. Beleidigende Wörter und Ausdrücke werden aus Kommentaren herausgefiltert.
Teen-Konten sind standardmäßig privat. Teenager müssen neue Follower also erst akzeptieren, damit die ihre Beiträge sehen können. Bei Teen-Konten gelten die strengsten Messaging-Einstellungen: Die User können nur Nachrichten von Personen erhalten, denen sie folgen oder mit denen sie bereits in Kontakt stehen – in der Regel also ihre eigenen Freunde.
Schutz vor Cybergrooming
Das soll insbesondere Cybergrooming verhindern: Dabei versuchen Erwachsene, sich als Jugendliche auszugeben, und kontaktieren fremde Kinder und Jugendliche. Eltern können sehen, mit wem ihre Kinder in Kontakt stehen; sie können nicht die eigentlichen Chat-Nachrichten sehen. Auch das erlaubt eine Kontrolle und Aufsicht.
Eltern und Kinder können selbst entscheiden, wie "scharf" einzelne Funktionen eingestellt sind. Dazu müssen Eltern ihre Instagram-Konten mit denen ihrer Kinder verbinden. Die Schutzmaßnahmen sind bis zum 16. Lebensalter vorgesehen.
Problem: Kinder geben ein falsches Alter an
Mehr Einstellmöglichkeiten für Eltern
Prinzipiell dürfen erst Kinder ab 13 Jahren Instagram benutzen. Weil das so ist, schummeln viele bei der Angabe ihres Alters: Sie machen sich älter, als sie sind. Marie von Stauffenberg von Meta räumt ein, dass das durchaus ein bekanntes Problem sei, doch der Meta-Konzern versuche nun verstärkt, mit Hilfe von KI die Nutzungsgewohnheiten zu erkennen und grobe Falschangaben beim Alter zu erkennen.
Die Folge: Die Konten identifizierter Nutzer werden in Teen-Konten umgewandelt, mit der Möglichkeit, die Einschränkungen loszuwerden, für den Fall, dass ein Irrtum vorliegt.
Marie von Stauffenberg vom Meta-Konzern erklärt: "Altersverifikation beschäftigt die gesamte Industrie. Wir wünschen uns eine idealerweise europaweite Regelung dafür", etwa eine einheitliche Art der Altersverifikation, die für alle Plattformen einheitlich genutzt werden kann. Meta möchte eine Debatte über einfach nutzbare Kontrollmechanismen für Eltern über Apps verschiedener Anbieter hinweg voranbringen.
Dieser Wunsch lässt sich leicht erklären: Zum einen wäre es zweifellos nützlich, wenn es einheitliche plattformübergreifende Standards für Altersverifikation und Eltern-Kontrolle gäbe. Zum anderen möchte Meta natürlich verhindern, dass nun die strenger kontrollierten Kinder einfach zu einer in dieser Hinsicht offeneren Plattform wie TikTok wechseln.
Teen-Accounts noch dieses Jahr in der EU verfügbar
Die neuen Teen-Accounts werden zunächst in den USA, Großbritannien, Kanada und Australien eingeführt. In der EU soll es die verbesserten Möglichkeiten für Eltern bis Jahresende geben. Später soll es Teen-Konten auch auf anderen Meta-Plattformen geben, etwa Facebook (das Jugendliche ohnehin kaum nutzen), WhatsApp und Threads.
Auch TikTok hat kürzlich mehrere Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen eingeführt. Dazu gehören die Deaktivierung von Direktnachrichten für Nutzer unter 16 Jahren und Einschränkungen bei Kommentaren. Ein begleiteter Modus ermöglicht Eltern, die Einstellungen ihrer Kinder zu kontrollieren, während eine Zeitmanagement-Funktion die tägliche Nutzungsdauer begrenzt.
Zusätzlich wurden Voreinstellungen für mehr Privatsphäre implementiert, und ein eingeschränkter Modus soll vor ungeeigneten Inhalten schützen. TikTok hat auch eine Schlafenszeitsperre für App-Benachrichtigungen angekündigt. Trotz dieser Bemühungen hat die EU-Kommission ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, um die Einhaltung des Jugendschutzes auf der Plattform zu überprüfen.
Es zeigt sich: Politischer Druck kann einiges bewirken.
Verwendete Quellen:
- Meta-Konzern
- dpa
- TikTok