Impfen in NRW: Zu bürokratisch?

Stand: 09.04.2021, 06:00 Uhr

Jetzt will NRW bei den Corona-Impfungen aufs Tempo drücken und große Zahlen stehen im Raum. Kann die Landesregierung die Versprechen halten? Welche Hürden sind da noch zu nehmen?

Von Katja Goebel

NRW steht bei der Impfquote laut RKI-Impfmonitoring im bundesweiten Vergleich nur im Mittelfeld. In der dritten Welle zählt jeder Pieks und der Ministerpräsident gibt große Ziele aus: 50 Prozent der Bevölkerung von NRW sollen bis zu den Sommerferien ihre Erstimpfung haben. Derzeit sind es rund 14 Prozent.

"Millionen Impfungen in wenigen Tagen"

Armin Laschet nennt noch weitere Zahlen. Während die erste Million an Impfungen noch zwei Monate gedauert habe, seien für die zweite Million nur noch ein Monat und für die dritte Million zwei Wochen erforderlich. "Im Sommer wird es für eine Million Impfungen nur noch wenige Tage brauchen." Wie das klappen soll? Ganz einfach - durch den Einsatz der Hausärzte.

Die Bürokratie-Bremse

Die Hausärzte dürfen seit dieser Woche endlich ran an die Impfspritzen. Doch viele fühlen sich ausgebremst. Umfangreiche Aufklärungsbögen, die mehrfach von Patienten unterschrieben werden, lange Abrechnungsziffern, komplizierte Rezepte, tägliche Einzelmeldungen ans Robert-Koch-Institut, ohne die erforderliche Infrastruktur - all das raube wertvolle Zeit.

"Ganz neue Bürokratiemonster" seien so entstanden, sagt der Neusser Arzt Guido Pukies. "Wir brauchen viel Impfstoff und wenig Bürokratie."

Immunologe: "Da kann man einiges verschlanken"

Immunologe Prof. Carsten Watzl

Immunologe Prof. Carsten Watzl

Doch ist die ganze Bürokratie am Ende notwendig? Monika Baaken, Sprecherin des Hausärzteverbandes Nordrhein, sieht da noch Luft nach oben. Die Formulare seien zu kompliziert und würden auch ganz kurzfristig noch geändert. Dann müsse der Arzt oder der Patient noch einmal alles ausdrucken und ausfüllen. "Mich hat mal ein Arzt gefragt: Wollen wir impfen, oder Statistik erfassen?"

"Da könnte man sicher einiges verschlanken", sagt auch Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Die präzisen Meldungen an das Robert Koch-Institut seien aber notwendig, um Nebenwirkungen einzuordnen. "Ohne diese Zahlen geht es nicht."

Impfen auf Zuruf?

Doch noch etwas beklagen die Ärzte: Aktuell wissen sie oft nicht, wie viel Impstoff sie in den nächsten Wochen überhaupt erhalten. Schwierig für eine Terminvergabe auf längere Sicht.

Ein Zustand, der auch für Carsten Watzl zu den "Kinderkrankheiten" bei der Impflogistik gehört. "Was uns nicht passieren darf: dass wir im Mai zu viel Impfstoff haben und ihn nicht verimpfen können. Da müssen Lieferketten aufgebaut sein, da muss den Ärzten vorher klar sein, wie viel Impfstoff sie kriegen."

Hausärzteverband: Alles hängt an der Impfstoffmenge

"Die Lieferketten stehen und funktionieren", versichert Monika Baaken vom Hausärzteverband Nordrhein. Die seien seit Jahren erprobt. Der Hausarzt hat eine bestimmte Menge Impfpatienten und bestellt Impfstoff beim Apotheker. Der wiederum holt sich den Impfstoff beim Großhändler. "Kurze Wege, schnelle Zulieferung." Alles drehe sich am Ende nur um die Frage: Wann ist der Impfstoff wirklich verfügbar?

Ende April sollen laut Gesundheitsministerium wöchentlich schon gut eine Million Impfdosen zur Verfügung stehen. "Wenn das nicht klappt, wird es peinlich für die Politik", sagt Baaken.

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