Rekordstrafe für "Fortnite"-Entwickler wegen Kinderschutz-Verstößen

Stand: 20.12.2022, 17:04 Uhr

US-Behörden belegen die erfolgreiche Spieleschmiede "Epic Games" mit einer Strafe von über einer halben Milliarde Dollar. Ein Vorwurf: Verletzung der Privatsphäre von Kindern und Jugendlichen. Jörg Schieb erklärt die Hintergründe.

Das grafisch opulente Multiplayer-Game "Fortnite", das in der Grundversion völlig kostenlos gespielt werden kann ("Free to play"), gilt als eins der populärsten und erfolgreichsten Games überhaupt - und ist auf so ziemlichen allen Geräten spielbar (Mobilgerät, PC, Spielekonsolen, online). Es gibt Fans in allen Altersstufen, auch und besonders Kinder und Jugendliche daddeln gerne "Fortnite".

Strafzahlung und Entschädigung

Genau hier liegt das Problem: Die US-Handelsaufsicht "Federal Trade Commission" (FTC) wirft dem Unternehmen "Epic Games" vor, in der Vergangenheit die Gesetze zum Schutz der Privatsphäre von Kindern im erheblichen Maße verletzt zu haben. Das Unternehmen macht 2022 einen geschätzten Jahresumsatz von 6,3 Mrd. Dollar.

Spieler können für virtuelle Outfits eine Menge Geld ausgeben

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Die Strafzahlung ist das Ergebnis einer Einigung: 275 Millionen Dollar sind die eigentliche Strafe für Verstöße gegen geltende Jugendschutzvorschriften. Weitere 245 Millionen Dollar sind als Entschädigung an Verbraucher zu zahlen, die aufgrund sogenannter "Dark Pattern" im Online-Shop von Fortnite zum Kauf verleitet wurden und so zu ungewollten Einkäufen geführt haben.

Kinder und Jugendliche unzureichend geschützt

Konkret wirft die US-Behörde der Spieleschmiede Epic Games vor, personenbezogene Daten von Gamern eingesammelt zu haben - auch von jenen unter 13 Jahren, und zwar ohne eine Benachrichtigung oder gar Einwilligung der Eltern. Es gibt diverses Spielzeug, das sich gezielt an diese Altersstufe richtet. Gleichzeitig sei es Eltern schwer gemacht worden, die Löschung der Daten zu beauftragen.

Epic Games war sich laut Überzeugung der Behörde darüber im Klaren, dass viele Kinder und Minderjährige Fortnite spielen.

Kontaktanbahnung über Text- und Sprach-Chats möglich

Weiterer Kritikpunkt: Spieler im jugendlichen Alter wurden genauso behandelt wie Erwachsene - auch bei den Kommunikationsmöglichkeiten in Text- und Sprach-Chats in Echtzeit. Die Standardeinstellung war auf "sichtbar" gestellt, obwohl das für Kinder und Jugendliche ausdrücklich verboten ist.

Dadurch seien Kinder und Jugendliche Gefahren ausgesetzt gewesen: Sie seien bei Fortnite bedroht, schikaniert und belästigt worden. Einige waren laut Behörde sogar "gefährlichen und psychologisch traumatisierenden Themen ausgesetzt" gewesen.

Klarer Vorwurf: Völlig unzureichender Jugendschutz. Ein Problem, das es längst nicht nur bei Fortnite gibt, sondern das leider weit verbreitet ist.

Hersteller Epic Games hat in vielen Bereichen nachgebessert. Eltern können "Jugendkonten" anlegen und diese für ihre Kinder verwalten. Auch die Standardeinstellungen wurden für Jugendliche geändert, damit nicht gleich alle Kommunikationskanäle offen sind.

Dark Patterns verleiten zum unbeabsichtigten Kauf

Kritisiert und Gegenstand der Strafzahlung waren auch die als "Dark Pattern" (dunkle Muster) bekannten psychologischen Tricks, die zum spontan und sogar unbeabsichtigten Kauf verleiten. Ein Problem, das auch Erwachsene umtreibt - aber das Kinder und Jugendliche besonders betrifft.

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Auf diese Weise seien laut FTC "Hunderte Millionen Dollar" unabsichtlich ausgegeben worden. Außerdem ist Kindern auch der Kauf der Digitalwährung "V-Bucks" bis ins Jahr 2018 hinein viel zu leicht gemacht worden. Hierfür ist Schadenersatz zu leisten.

In Deutschland gibt es dieselben Probleme. Eine strenge Verfolgung wie in den USA wäre wünschenswert, erfolgt aber bislang nicht.

Über den Autor

Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte.

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.

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