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Strompreis-Senkung durch "Erlösobergrenze": So soll es funktionieren

Stand: 04.09.2022, 19:22 Uhr

Erst war von einer Übergewinnsteuer die Rede, jetzt heißt es "Erlösobergrenze": Stromerzeuger, die Riesengewinne machen, sollen einen Teil davon abgeben - zugunsten niedrigerer Strompreise. Wie funktioniert das?

Von Nina Magoley

65 Milliarden Euro will die Ampel-Koalition für das dritte Entlastungspaket in die Hand nehmen. Neben einer Strompreisbremse, Einmalzahlungen für Rentner und Studierende und weiteren Maßnahmen soll es auch eine "Erlösobergrenze" für Unternehmen geben, die Strom mit relativ geringen eigenen Kosten erzeugen und dadurch im Moment hohe Gewinne erzielen. Für die Abschöpfung dieser - auch "Zufallsgewinne" genannten - Überschüsse war zunächst eine Übergewinnsteuer diskutiert worden. Die hatte die FDP aber abgelehnt.

Wie soll das Ganze funktionieren?

Der Mechanismus wird im Papier zum Maßnahmenpaket grob beschrieben: Am Spotmarkt soll ein Höchstwert für die Erlöse für Strom festgelegt werden - "für die Unternehmen, die nicht die hohen Gaspreise bezahlen müssen", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu. Der Spotmarkt ist die Handelsplattform, auf der in der EU Strom in sogenannten "Direktgeschäften" verkauft wird: Binnen zwei Tagen müssen Kauf und Lieferung abgewickelt sein. Der Differenzbetrag zwischen dem Großhandelspreis am Spotmarkt und der festgelegten Erlösobergrenze soll an die Netzbetreiber verteilt werden, die ihn dann - ähnlich wie bei der EEG-Umlage, nur umgekehrt - auf die Verbraucherpreise gutschreiben.

Was bringt die Erlösobergrenze?

Strommast vor Sonnenuntergang

Hoffnung auf sinkende Strompreise

Sie soll zunächst Endverbraucher entlasten und langfristig dafür sorgen, dass die Energiepreise sinken, sagte Scholz am Sonntag. Die "vielen, vielen Milliarden", die dabei erzielt würden, bedeuteten "eine große und dramatische Entlastung" auf dem Strommarkt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprach von Beträgen in zweistelliger Milliardenhöhe durch die Abschöpfung der Übergewinne. Im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses zum dritten Entlastungspaket heißt es: "Den Privathaushalten kann so eine gewisse Menge Strom zu einem vergünstigten Preis gutgeschrieben werden." Sie würden "finanziell spürbar entlastet", gleichzeitig bliebe "ein Anreiz zum Energiesparen erhalten".

Welche Stromerzeuger wären betroffen?

Vor allem solche Unternehmen, die für ihre Stromproduktion nicht auf das derzeit sehr teure Gas angewiesen sind, sondern Strom aus Windkraft, Sonnenlicht oder Biomasse, aber auch aus Kohle- und Atomkraftwerken produzieren. Für sie ist die Erzeugung von Strom mit wenig Kosten verbunden, gleichzeitig können sie - dank der Gesetze des Energiemarkts - ihren Strom aber zu denselben hohen Preisen verkaufen, wie die Unternehmen, die für ihre Stromproduktion teures Gas einkaufen.

Wie kann die Erlösobergrenze umgesetzt werden?

Dabei müssten alle EU-Staaten mitziehen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf der Pressekonferenz am Sonntag. Die Bundesregierung werde sich jetzt mit Nachdruck für schnelle Verabredungen einsetzen. Sollte das nicht klappen, werde Deutschland die Änderungen "selbst umsetzen". Der Kanzler gab sich aber überzeugt davon, dass die Einführung auf europäischer Ebene schnell gelingen werde. In Europa gebe es ein hohes Interesse, dies gemeinsam zu tun.

Tatsächlich scheinen dort die Türen offen zu stehen: Schon am Freitag hatte die EU-Kommission eine Übergewinnsteuer vorgeschlagen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, die Mitgliedsländer sollten die Möglichkeit erhalten, ab einer bestimmten Preisgrenze Gewinne solcher Stromproduzenten abzuschöpfen, die derzeit besonders kostengünstig produzieren und von der Bindung des Strompreises an den massiv gestiegenen Gaspreis in Europa profitieren. Die Regierungen könnten die Übergewinne dann an die Verbraucher weitergeben, aber auch an "vulnerable Unternehmen".

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