Hohe Benzinpreise

Koalition vereinbart drittes Entlastungspaket

Stand: 04.09.2022, 06:47 Uhr

Gasmangel und explodierende Energiekosten - das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung soll den Menschen helfen, durch die Krise zu kommen. Am Sonntagvormittag soll es vorgestellt werden.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP unter Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich nach Angaben aus dem Regierungsbündnis angesichts der hohen Energiepreise auf ein drittes Entlastungspaket im Milliardenvolumen verständigt. "Es ist vollbracht", erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann am Sonntagmorgen via Twitter. "Sehr gutes Ergebnis."

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Mehr Details würden in einer Pressekonferenz um 11 Uhr vorgestellt.

Was darf es kosten?

FDP-Finanzminister Lindner sagte am Donnerstag, er sehe noch ein Budget im einstelligen Milliardenbereich - dank guter Steuereinnahmen. Die ersten zwei Pakete hatten zusammen ein Volumen von rund 30 Milliarden Euro.

Katharina Dröge, Vorsitzende Bundestagsfraktion der Partei Bündnis 90/Die Grünen

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hatte darauf gekontert, dass das Paket eine "entsprechende Größe" haben müsse, um eine Rezession zu verhindern, verursacht durch rückläufigen Konsum und Kaufverhalten der Menschen. Mit einer einstelligen Milliardensumme sei es da "mit Sicherheit" nicht getan, so Dröge.

Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, spricht während eines Auftaktstatements zur Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich brachte bereits einen Nachtragshaushalt ins Spiel - wenn der notwendig sei. Er glaube aber, dass im Bundeshaushalt noch Geld vorhanden sei. Grüne und SPD plädieren zur Finanzierung weiterhin auch für eine Sondersteuer auf überhohe Gewinne von Unternehmen - was die FDP so generell aber ablehnt, da sie der Partei zufolge alle erfolgreichen Unternehmen treffen würde.

Was schwebt den Ampel-Parteien inhaltlich vor?

Die SPD-Fraktion hat einen eigenen Forderungskatalog beschlossen. Dazu gehören Direktzahlungen für Menschen mit wenig Einkommen, Familien, Rentner, Studierende und Auszubildende. Niemandem sollen Strom und Gas abgestellt werden, weil er Nebenkosten nicht zahlen kann. Auch Kündigungen aus diesem Grund sollen für sechs Monate verboten sein. Außerdem will die SPD ein bundesweit gültiges Nahverkehrsticket für 49 Euro, eine Preisbremse bei Strom und Gas, die Erhöhung des CO2-Preises soll für zwei Jahre ausgesetzt werden.

Die Grünen lehnen eine Aussetzung der CO2-Preis-Erhöhung dagegen ab. Finanzielle Hilfen wollen auch sie gezielt an Bedürftige ausgeben. Es soll einen höheren Heizkostenzuschuss und eine weitere Energiepauschale geben. Bürgergeld als Nachfolgemodell für Hartz IV und Wohngeld sollen reformiert werden - zum Beispiel mit einem höheren Kinderbonus für Familien. Wie die SPD sind die Grünen für ein Verbot von Strom- und Gassperren und für ein 49-Euro-Ticket.

Christian Dürr gibt Pressekonferenz im Bundestag

FDP-Fraktionschef Christian Dürr

Die FDP will vor allem Hilfen für die "hart arbeitende Mitte" der Bevölkerung - so Fraktionschef Christian Dürr. Das Paket solle nur wenige Maßnahmen und kein "Sammelsurium" enthalten. "Politische Maßnahmen werden nicht jede Zumutung nehmen und nicht jede Belastung ausgleichen können", heißt es in einem Beschlusspapier. Einige Entlastungen befürwortet die FDP dennoch: Einen Inflationsausgleich bei der Einkommensteuer, gezielte Einmalzahlungen vor allem für Rentner und Studierende, nicht aber für alle Menschen. Auch bei einer Reform des Wohngelds und einer Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket ist die FDP mit dabei. Außerdem fordert sie eine Entkoppelung von Gas- und Strompreis, damit bei steigenden Gaspreisen nicht automatisch auch der Strom teurer wird.

Wie stehen die Chancen auf eine Einigung?

Beim Streitthema Übergewinnsteuer sei derzeit Bewegung in der Ampel-Koalition zu erkennen, beobachtet WDR-Hauptstadtkorrespondent Philipp Menn. Finanzminister Lindner hatte zuletzt eingeräumt, er verstehe den Impuls, die Gewinne besonders erfolgreicher Energieunternehmen abzuschöpfen und auf andere zu verteilen. Menn hält es für denkbar, dass die FDP einem Mechanismus zustimmt, der Übergewinne abschöpft und den Marktteilnehmenden zurück gibt - und sie nicht dem Bundeshaushalt zugute kommen lässt. Also in etwa: Weg von einer Steuer, hin zu einer anderen Umverteilungslösung - mit anderem Namen.

"Die spannende Frage ist, mit welchem Anliegen die FDP im neuen Entlastungspaket erkennbar bleibt", sagt Menn. Denkbar sei, dass ihr Beitrag aus Maßnahmen gegen die "kalte Progression" bestehe. Die entsteht dann, wenn Gehaltserhöhungen durch die steigende Inflation komplett aufgefressen werden, Steuerzahler aber dennoch mehr Steuern auf ihr faktisch gestiegenes Einkommen zahlen müssen. Lindner hatte mehrfach betont, dass ein Ausgleich der kalten Progression "ein Gebot der Fairness" sei. Grüne und SPD waren bei dem Thema bislang skeptisch.

Was bisher beschlossen wurde

Bisher wurde der Strompreiszuschlag zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) abgeschafft, es gibt eine Energiepauschale von 300 Euro für alle Beschäftigten und eine Einmalzahlung von 100 bis 200 Euro für alle Arbeitslosen, das Kindergeld wurde einmalig um 100 Euro pro Kind aufgestockt, drei Monate lang bis August wurde der Spritpreis gestützt und es gab für die Monate Juni, Juli und August das 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr.

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