Uwe Gockel

Von Windenergie sollten Kommunen mehr profitieren - Klappt das?

Stand: 07.03.2024, 18:01 Uhr

Die Windkraft führt oft zu Konflikten in den betroffenen Orten. Seit 2021 können NRW-Kommunen mehr Geld aus Windrädern erhalten. Wenn die Betreiber 0,2 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Klappt das?

Von Uwe Pollmann

Borchen im Kreis Paderborn ist ein Windkraft-Hotspot in der Windkraftregion Ostwestfalen-Lippe. Mehr als 60 Anlagen gibt es in der 14.000-Einwohner-Gemeinde. Bald werden es wohl bis zu 80 Anlagen sein. Bürgermeister Uwe Gockel kann sich auch vorstellen, dass ein neuer Gewerbepark direkt von einem Windpark versorgt wird.

Zwar hat der Windkraftausbau auch zu Protest geführt. Doch eine neue Regelung führt laut Gockel "zu mehr Akzeptanz". Windkraftbetreiber können durch eine Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes pro erzeugter Kilowattstunde 0,2 Cent an die Kommunen abführen. Durch erste Verträge bekam Borchen so 2023 schon rund 280.000 Euro ins Stadtsäckel. Für 2024 rechnet er mit rund 800.000 Euro.

Windkrafterlöse helfen klammen Kommunen

Es seien zwar nur rund zwei Prozent vom Haushalt, aber neben den Gewerbeeinnahmen eine wichtige Einnahmequelle, so Gockel. Es könne den Weg in die Haushaltssicherung verhindern. "Aufgrund der knappen Finanzlage" würde es helfen, "gute Projekte" zu finanzieren.

Ähnlich profitabel ist die Windenergie für die Nachbarstadt Lichtenau, wo sich rund 170 Windräder drehen. Neun Betreiber mit rund 60 Anlagen zahlten bisher die 0,2 Cent pro Kilowattstunde, teilt die Kommune mit: "Für 2024 wird ein Ertrag in Höhe von rund  760.000 Euro erwartet." Aber das sei "noch ausbaufähig".

Doch nicht alle Kommunen erhalten so viel Geld. Im lippischen Extertal gibt es 20 Windräder, aber bisher nur Verträge für vier Anlagen, heißt es. Ein paar tausend Euro habe man erhalten und hoffe, dass andere nachziehen. Im ostwestfälischen Stemwede gibt es 15 Anlagen. Aber die seien vor dem Jahr 2000 gebaut worden, für sie gelte die neue Regelung nicht. Bei neueren Windrädern ist die Gemeinde nun dran.

Von Windenergie sollten Kommunen mehr profitieren - Klappt das?

WDR Studios NRW 07.03.2024 04:51 Min. Verfügbar bis 07.03.2026 WDR Online


Über den Tisch gezogen?

Nur: nicht immer zahlen Windrad-Betreiber gleich. In Altenbeken im Kreis Paderborn fühlt sich Bürgermeister Matthias Möllers auch über den Tisch gezogen: "Wir haben den Eindruck, dass einige Anlagenbetreiber bei der Beteiligung der Kommune zögerlich sind, weil sie diese freiwillige Abgabe als Faustpfand behalten wollen, um von der Gemeinde mehr Zugeständnisse bezüglich der Freigabe weitere Flächen für Windenergie zu erhalten."

Windenergie-Verband empfiehlt Beteiligung der Kommunen

Friedhelm Agethen

Friedhelm Agethen von Westfalenwind geht auf Kommunen zu

Dabei versichert der Bundesverband Windenergie: Alle Mitgliedsfirmen wurden aufgefordert, die Kommunen finanziell zu beteiligen. Das Paderborner Unternehmen Westfalenwind hat gar selbst Kommunen angesprochen, auf deren Gebiet man Windräder hat. "Weil die noch gar nicht so aktiv waren, die Möglichkeit der Beteiligung umzusetzen, sind wir auf die Bürgermeister zugegangen", sagt Geschäftsführer Friedhelm Agethen.

"Wir haben sie angesprochen und Hilfe angeboten." Selbst müssten die Unternehmen das Geld ja nicht tragen. Das hole man sich von den Netzbetreibern zurück. Es sei höchstens etwas mehr Bürokratie. Windkraft-Pionier Agheten hilft auch gern kleineren Windkraftbesitzern, falls sie Probleme mit dem Verfahren hätten.

Bis zu 20.000 Euro pro Windkraftanlage

Es sei gut, wenn mit der Regel die Akzeptanz erhöht würde. Kommunen könnten bei bereits bestehenden Windrädern "zwischen 10.000 und 18.000 Euro pro Anlage" erhalten. Bei zukünftig ertragsstärkeren Anlagen seien das "zwischen 15.000 und 30.000 Euro". Das NRW-Ministerium für Wirtschaft, Klima und Energie geht bei einer 5-Megawatt-Anlage und jährlich 2.000 Volllaststunden eher von 20.000 Euro aus.

Borchens Bürgermeister Uwe Gockel stimmt das zuversichtlich. Er lobt aber auch ein neues Landesgesetz, wonach Windkraftbetreiber Bürgerinnen und Bürger vor Ort mehr beteiligen sollen: das "Bürgerenergiegesetz" fordert von Betreibern, Kommunen in unterschiedlicher Form am Erlös zu beteiligen, zum Beispiel durch Stromrabatte oder Stiftungen. "Wir haben auch vor zwei Jahren eine Bürgerstiftung gegründet, in die Erträge aus der Windenergie fließen und die Projekte für Vereine und soziale Projekte in Borchen fördern."

Unsere Quellen:

  • Reporter vor Ort
  • Bundesverband Windenergie
  • Friedhelm Agethen, Westfalenwind
  • Bürgermeister Uwe Gockel, Borchen
  • Stadt Lichtenau
  • Gemeinde Extertal
  • Gemeinde Stemwede
  • Bürgermeister Matthias Möllers, Altenbeken