"Signal von Münster": Gemeinsame Erklärung zum Abschluss der Friedenskonferenz
Stand: 15.09.2023, 18:20 Uhr
Die erste Westfälische Friedenskonferenz endete am frühen Abend mit dem klaren Bekenntnis zum Dialog in Kriegs- und Krisenzeiten. Vorher sprachen in Münster unter anderem Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius.
"Nur durch Dialog ist dauerhafter Frieden möglich. Nur durch Gesprächsbereitschaft können Konflikte langfristig gelöst werden", heißt es in der Abschlusserklärung, die die Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe (WWL) als Veranstalter der Friedenskonferenz in Münster veröffentlichte.
Dabei nahm die WWL noch einmal Bezug auf den Westfälischen Friedensschluss vor 375 Jahren. "Der Westfälische Frieden von 1648 war eine Zeitenwende. Dialog trotz Krieg, Argumente trotz Waffen und die Bereitschaft einen kriegerischen Konflikt durch Verhandlungen zu lösen, sind Mahnmal und Leitbild für das 21. Jahrhundert."
Boris Pistorius bei der Friedenskonferenz
Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hatte in seiner Eröffnungsrede schon den unbedingten Willen zum Frieden betont und auf den Westfälischen Frieden verwiesen, der im 17. Jahrhundert in Münster und Osnabrück ausgehandelt wurde.
"Schon damals bewiesen die Menschen Mut und Kreativität in einer scheinbar aussichtslosen Situation." Das sei eine Inspiration, so Pistorius. "Damals sahen alle Beteiligten einen Sinn darin, sich an den Verhandlungstisch zu setzen und miteinander zu sprechen." Das wünsche er sich auch im Falle des Ukraine-Krieges.
Pistorius: Frieden nur mit internationalen Garantien
Der deutsche Verteidigungsminister sicherte der Ukraine weiterhin militärische Unterstützung zu. "Wir werden und wir dürfen nicht zuschauen, wie hegemoniale Kräfte auf der Welt souveränen Staaten und Völkern ihren Willen aufzwingen", erklärte Pistorius mit Hinweis auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und auf China, das nach den Worten von Pistorius im indo-pazifischen Raum die eigenen Ambitionen mit "Härte und teilweise auch rücksichtlos" durchsetze.
Ein Frieden in der Ukraine ist nach Ansicht des Ministers nur mit internationalen Sicherheitsgarantien möglich. "Ein wesentlicher Aspekt dafür ist unsere Zusage, dass wir die Ukraine bei der Modernisierung und Reform ihrer Streitkräfte unterstützen werden."
Besonnenheit bei Entscheidung über Taurus-Lieferung
Mit Blick auf die immer lauter werdenden Forderungen nach der Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ Taurus an die Ukraine plädierte Pistorius für Geduld. Auf ein paar Tage mehr oder weniger komme es aus seiner Sicht nicht an. "Wenn das jetzt noch eine Woche oder zwei dauert, bis eine Entscheidung fällt, dann ist das so", sagte der SPD-Politiker.
"Diese Besonnenheit muss sich die Bundesrepublik Deutschland leisten, auch wenn es für unsere ukrainischen Freunde schwer zu verstehen ist." Deutschland müsse bei jedem Schritt die Folgen abwägen. Die Bundesrepublik habe "etwa 500 und so und so viel von diesen Dingern". Davon sei die Hälfte nicht auf dem neuesten Stand. Die andere Hälfte brauche ein Update und müsse programmiert werden.
Gespräch mit Klitschko
Nach seiner Rede führte Bundesverteidigungsminister Pistorius noch ein etwa zehnminütiges Gespräch mit dem Kiewer Bürgermeister Klitschko unter vier Augen. Dann verließ der Minister Münster auch schon wieder. Klitschko blieb noch bis zum Nachmittag.
Die Friedenskonferenz in Münster zieht viele neugierige "Zaungäste" an.
Klitschko war mit dem Flugzeug direkt aus Berlin angereist, der Partnerstadt von Kiew. In Münster wurde er mit Applaus empfangen. Etwa 100 Münsteranerinnen und Münsteraner standen hinter den Absperrgittern am Rathaus und jubelten dem prominenten ukrainischen Politiker zu.
Dank für die Unterstützung
"Ich bin sehr glücklich, heute dabei zu sein, eine Rede zu halten, die Situation in der Ukraine zu beschreiben und mich für die Unterstützung zu bedanken", sagte Klischko. Er gilt neben dem ukrainischen Präsidenten Selenskyi als das Gesicht des Widerstandes in der Ukraine gegen Russland.
Friedenskonferenz Münster mit Pistorius, Klitschko und anderen
WDR aktuell. 15.09.2023. 04:14 Min.. Verfügbar bis 15.09.2025. WDR. Von Hartmut Vollmari.
Es müssten alle Möglichkeiten genutzt werden, Frieden zu bringen, sagte der Kiewer Bürgermeister. Russland verstehe und respektiere aber nur die Position der Stärke und akzeptiere nicht die Position der Schwäche. Die Ukraine wolle Teil der europäischen Familie sein, Putin habe andere Visionen von einem großen russischen oder sowjetischen Imprerium.
Lewe: "Klitschko als Gesicht des ukrainischen Widerstands"
Auch Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe freute sich sehr über den Besuch von Vitali Klitschko. Klitschko war schon einmal in Münster. "Das ist aber schon zehn Jahre her", erinnerte sich Lewe. "Damals kam der ehemalige Profi-Boxer Klitschko, um in Münster eine Boxsporthalle zu eröffnen."
350 hochrangige Gäste
Auf der Westfälischen Friedenskonferenz diskutieren 350 Gäste aus Politik und Wirtschaft über aktuelle Krisen in der Welt. Ein Schwerpunkt liegt auf Europa nach dem russischen Angriff auf die Ukraine.
Die Veranstaltung wird vom ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet geleitet. Veranstalter ist die Wirtschaftliche Gesellschaft Westfalen und Lippe (WWL).
Viele Prominente auf der Gästeliste – unter anderem der amtierende Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (m.) und der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (r.).
Auf der Gästeliste stehen außerdem der erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Wolfgang Ischinger, darüber hinaus der Außenminister von Ungarn, Péter Szijjártó, der Beauftragte der EU für die Golfregion und ehemalige Außenminister von Italien, Luigi Di Maio, der Außenminister von Marokko, Nasser Bourita, und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.
Wüst: Allein die Ukraine entscheidet über Friedensgespräche
Ähnlich wie zuror Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius stellte auch Wüst bei der Tagung in Münster heraus: Allein die von Russland angegriffene Ukraine entscheide, wann der Zeitpunkt für Gespräche über einen Frieden gekommen ist.
"Dieser Zeitpunkt, und es tut weh, das hier in Münster zu sagen, er wird auf dem Schlachtfeld entschieden", sagte der CDU-Politiker am Freitag. "Deshalb müssen wir alles tun, die Ukraine dabei zu unterstützen, diesen Krieg zu gewinnen und die russische Invasion zurückzuschlagen."
Münster als Friedensstadt
Münster bot sich als Veranstaltungsort für die erste Westfälische Friedenskonferenz an. Die Stadt gilt als Friedensstadt. Hier wurde vor 375 Jahren der Westfälische Frieden verhandelt, hier verleiht die Wirtschaftliche Gesellschaft Westfalen und Lippe seit 1998 alle zwei Jahre den Westfälischen Friedenspreis an Persönlichkeiten, die sich besonders für den Frieden in der Welt einsetzen.
Nun will die WWL die Friedenskonferenz als festes Gesprächsformat etablieren. Bereits im nächsten Jahr soll es wieder eine solche Konferenz geben. "Die Westfälische Friedenskonferenz macht es sich zur Aufgabe, die globalen Konflikte zu benennen, die Auswirkungen auf Gesellschaft, Wirtschaft und Zusammenleben zu diskutieren und alle Parteien der Konflikte zu hören", heißt es in der Abschlusserklärung zur Zielsetzung.