Verschwinden die Nazi-Straßennamen in Siegen?

Stand: 19.09.2022, 18:31 Uhr

Ein Arbeitskreis der Stadt empfiehlt die Umbenennung mehrerer Straßen. Sie sind nach Personen benannt, die Mitglieder der NSDAP waren oder sich antisemitisch geäußert haben.

Von Fritz Sprengart

Sieben Straßennamen hat ein Arbeitskreis der Stadt Siegen identifiziert, die problematisch sind. Der Historiker Raimund Hellwig hat den Arbeitskreis geleitet. Er empfiehlt die Umbenennung: "Laut Städtetag sind Straßennamen eine Ehrung", erklärt Hellwig. "In meinen Augen sind Antisemiten und herausragende Nazis nicht zu ehren."

Nazi im Dritten Reich – danach geachteter Bürger

Daran ändert auch nichts, dass einige Straßen nach Menschen benannt sind, die zur Zeit des Nationalismus gar nicht mehr gelebt haben. Adolf Stoecker starb beispielsweise schon 1909. Er hatte allerdings schon im 19 Jahrhundert in Vorträgen und der regionalen Zeitung gegen Juden gehetzt.

Anders verhält es sich mit Lothar Irle, nach dem eine Straße im Stadtteil Kaan-Marienborn benannt ist. Irle war Mitglied in der NSDAP und der SA sowie Oberscharführer.

Anwohnerin Gisela Rauch

Anwohnerin Gisela Rauch

Gisela Rauch wohnt in der Irle-Straße. Für sie ist das alles nicht entscheidend. Stattdessen verweist sie auf seine spätere Arbeit als Heimatforscher: "Er hat das Dorfbuch für Kaan-Marienborn geschrieben", erzählt sie. "Da ist so vieles drin, das ohne ihn verloren gegangen wäre." Das findet Gisela Rauch viel wichtiger als seine Schuld im Dritten Reich.

Vergehen nie öffentlich bereut

Historiker Raimund Hellwig

Historiker Raimund Hellwig

Ein überzeugter Nazi, der später durch seine Heimatforschung viel getan hat für den Ort. Aus Sicht von Historiker Hellwig kann das nicht gegeneinander aufgewogen werden. "Seine Vergehen zur Zeit des Dritten Reichs bleiben bestehen", sagt Hellwig. Erschwerend hinzu kommt, dass Irle seine Vergehen nie öffentlich bereut hat.

Gisela Rauch hat von fast allen in der Irle-Straße Unterschriften gegen die Umbenennung gesammelt. Am 19. Oktober soll darüber im Rat der Stadt abgestimmt werden.