Klimafreundlich ins Grab: Särge und Urnen aus regionaler Herstellung

Stand: 02.06.2022, 18:07 Uhr

Ein Bestattungsunternehmer aus Büren (Kreis Paderborn) will einen Beitrag zum Klimaschutz leisten – mit regional produzierten Särgen und Urnen. Das Holz dafür stammt aus dem Bürener Stadtwald.

Von Silke Schmidt

Holz gibt es in Büren mehr als genug: Dürre, Stürme und der Borkenkäfer haben große Teile des Waldes vernichtet. An den Forstwegen stapeln sich die gefällten Holzstämme mehrere Meter hoch. "Im Endeffekt stehen wir heute vor einem Wald mit ein Drittel Freifläche. Nadelholz und Fichte haben sich fast komplett verabschiedet", resümiert Revierförster Michael Wessel.

Der traurige Zustand des Waldes vor seiner Haustür hat Bestattungsunternehmer Dieter Sauerbier aufgerüttelt. Er will etwas verändern, denn vieles sei völlig absurd in seiner Branche: "Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum ein einfacher Fichtensarg 3.000 Kilometer durch Europa gefahren werden muss, um dann hier im Krematorium verbrannt zu werden."

Trend zu Feuerbestattungen – mehr als 700.000 bundesweit pro Jahr

Doch genau so passiert es derzeit hundertausendfach: Ungefähr drei Viertel aller Begräbnisse in Deutschland sind Feuerbestattungen – mehr als 700.000 pro Jahr. Das bedeutet auch: jedes Jahr werden mindestens 700.000 Särge für die Einäscherung benötigt.

Diese simplen Fichtensärge werden derzeit zum größten Teil aus Osteuropa importiert. Vom Fällen des Baumes in der Ukraine oder Belarus über die Verarbeitung, zum Beispiel in Polen, bis hin zur Verbrennung im Krematorium kommen nach Schätzung von Dieter Sauerbier bis zu 3.000 Transportkilometer pro Sarg zusammen – kein guter CO2-Fußabdruck für den letzten Gang des Menschen.

Regionale Lieferketten: nur 220 statt 3.000 Transportkilometer

Das muss auch nachhaltiger und umweltschonender gehen, dachte sich der Bestattungsunternehmer aus Büren. Für sein Projekt "Waldleben" arbeitet Sauerbier mit regionalen Partnern zusammen: Das Holz aus dem Stadtwald wird in einem benachbarten Sägewerk in Marsberg getrocknet und geschnitten, die Särge werden von einer Firma in Hamm hergestellt. Und in Salzkotten bei Paderborn drechselt ein Tischler aus Birkenstämmen die Urnen für die Asche der Verstorbenen. Durch die regionalen Lieferketten konnten die Transportkilometer auf 220 Kilometer reduziert werden.

Nachhaltiger "Waldleben"-Sarg ist 120 Euro teurer

Kürzere Transportstrecke bedeutet aber nicht günstiger: das Paket mit dem nachhaltigen und regional hergestellten Sarg ist insgesamt 120 Euro teurer. Noch, denn wegen des Ukraine-Kriegs könnten sich die herkömmlichen Särge verteuern.

Eine Umfrage des Bundesverbands Bestattungsbedarf ergab, dass jeder zweite Hersteller seine Preise im laufenden Jahr um zehn bis 20 Prozent erhöhen will. Der Grund: steigende Kosten für Energie und Holz. Hinzu kommen Lieferengpässe bei Vorprodukten.

Regionale Netzwerke wie das Projekt "Waldleben" sind dagegen relativ krisensicher. Der Krieg führe dazu, dass Menschen in allen Bereichen darüber nachdächten, wie man nachhaltiger und regionaler produzieren könne, sagt Bestatter Sauerbier: "Aber da gehört die ehrliche Wahrheit dazu, dass die regionale Herstellung teurer ist als in Osteuropa oder Drittländern."

Regionales Sargprojekt fördert Aufforstung

Für jeden nachhaltigen Sarg, den Sauerbier verkauft, will er einen neuen Baum im Bürener Stadtwald anpflanzen. In Absprache mit dem Förster sollen Sorten gewählt werden, die resistenter gegen die Klimaveränderungen sind. So soll nicht nur ein neuer, gesunder Mischwald entstehen, sondern auch ein Erinnerungsort für die Angehörigen.

Über dieses Thema berichtete die Lokalzeit OWL am 01.06.2022 auf WDR2.