Angeklagter verstorben: Plädoyers im Terrorismus-Prozess gegen "Gruppe S" verschoben
Stand: 27.09.2023, 18:15 Uhr
Beim Terrorismus-Prozess gegen die so genannte Gruppe S. in Stuttgart ist einer der Angeklagten plötzlich verstorben. Die weiteren Plädoyers wurden deshalb verschoben. Zwölf Männern, darunter zwei aus Minden und einer aus Hamm, wird vorgeworfen, Terroranschläge in Deutschland geplant zu haben.
Von Thomas Wöstmann
Der 42-jährige Marcel W. aus Pfaffenhofen in Bayern hatte nach Angaben seines Anwalts Herzprobleme. Am gestrigen Prozesstag wirkte er noch gesund. Er befand sich auf freiem Fuß und brach abends in seinem Wohnort zusammen. Laut Polizei Ingolstadt deutet derzeit nichts auf Fremdverschulden oder Suizid hin. Der morgige Prozesstag wurde abgesagt. Das Plädoyer der Bundesanwaltschaft würde dann im Oktober fortgesetzt.
Prozess neigt sich dem Ende entgegen
Der Terrorismus-Prozess gegen die so genannte "Gruppe S." am Oberlandesgericht Stuttgart geht allmählich dem Ende entgegen. Die Bundesanwaltschaft hat am Dienstag mit den Plädoyers begonnen – und konstatiert nach zweieinhalb Jahren Prozessdauer wenig überraschend: Bei einem Treffen in Minden 2020 sei tatsächlich eine Gruppe gegründet worden, die durch Terroranschläge einen Bürgerkrieg in Deutschland auslösen wollte. Und das sei den meisten Angeklagten auch bewusst gewesen.
"Totalumbruch in Deutschland"
Werner S. aus Mickhausen in Bayern habe im Sommer 2019 in Chatgruppen "intelligente, starke Kämpfer" gesucht, getrieben vom "Hass gegen Asylsuchende und Andersgläubige", so die Vertreterin der Anklage. Es werde in Deutschland einen Totalumbruch geben, habe S. in der Chatgruppe betont, und dieser werde "heftig und blutig" werden. Die "arische Bruderschaft" sei bereit. "Riesige Mengen" an Schwarzafrikanern würden "den Kontinent überschwemmen".
Thomas N. aus Minden wurde schnell Mitglied in den Chatgruppen und habe früh bekundet, dass er bereit sei, dafür zu töten und sein Leben aufs Spiel zu setzen. Die beiden weiteren Angeklagten aus NRW seien dagegen erst vor dem maßgeblichen Treffen im Februar 2020 in Minden dazu gestoßen: Der Mindener Markus K., ein Bekannter von Thomas N. und Thorsten W. aus Hamm, Sachbearbeiter bei der dortigen Verkehrspolizei.
Ziel des Mindener Treffens soll klar gewesen sein
Die Bundesanwaltschaft ist überzeugt: Den meisten, die sich dann in Minden trafen, sei klar gewesen, um was es dort gehen sollte. Werner S. hatte es vorher so formuliert: "Bei Brot und Wein wird Krieg besprochen". Anderen Teilnehmern sei es in Chats und Telefongesprächen mitgeteilt worden. Als es in Minden dann um konkrete Anschlagspläne ging, hätten die Anwesenden unterschiedlich reagiert – manche eindeutig zustimmend, andere skeptisch bis ablehnend.