Steinkohlekraftwerk Heyden in Petershagen liefert wieder Strom

Stand: 30.08.2022, 07:44 Uhr

Das Kraftwerk Heyden in Petershagen ist zurück im Regelbetrieb. So soll Erdgas eingesparrt werden, um die Gaskrise abzufedern. Jetzt kam auch schon neue Kohle an.

Seit Montag kann man in Petershagen wieder regelmäßig Rauch sehen, der aus dem Kühlturm hinaufsteigt. Das Steinkohlekraftwerk im Kreis Minden-Lübbecke liefert wieder ganz regulär Strom. Möglich macht das das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz.

Das besagt, dass Steinkohlekraftwerke aus der Netzreserve wieder in Betrieb genommen werden können, um Erdgas einzusparen. Und so ging dann auch alles recht zügig. Am Montag kam auch schon neue Kohle am Kraftwerk an.

Am Betrieb ändert sich erstmal nichts

Viel verändert habe sich nicht, so der Betreiber Uniper, da alle Mitarbeitenden auch im Reservebetrieb gehalten wurden. Und auch die Tätigkeiten der Mitarbeitenden ändern sich kaum, erklärt der stellvertretene Leiter des Kraftwerks Nikolaus Vierthaler:

"Wir sind ja bis zum heutigen Tag für die Tennet gefahren, für unseren Übertragungsnetzbetreiber, und steigen jetzt sozusagen wieder über in den Betrieb über den Markt. Für uns vom Kraftwerk ändert sich prinzipiell erstmal gar nichts." Nikolaus Vierthaler, stellv. Leiter des Kraftwerks
Ein Schild auf dem "Uniper" und "Kraftwerk Heyden" geschrieben steht

Heyden produziert 875 Megawatt

Bis Ende April 2023 soll das Steinkohlekraftwerk in Petershagen am Netz bleiben. Laut Aussagen des Betreibers Uniper ist Heyden mit 875 Megawatt eines der leistungsstärksten Kohlekraftwerke Deutschlands. Um sich das vorstellen zu können: Etwa 1,5 Millionen Haushalte kann das Kraftwerk pro Jahr mit Strom versorgen.

Spitzenleistung hängt von zwei Faktoren ab

Ob diese Spitzenleistung jedoch erzielt werden kann, hängt von zwei Faktoren ab: Zum einen, ob genug Steinkohle vorhanden ist und zum anderen, ob das System ausreichend Kühlwasser beziehen kann. Denn das Problem des Niedrigwassers ist auch hier angekommen.

"Wir haben ja das Problem in Deutschland von dem Niedrigwasser. Das merken wir natürlich hier auch im Kühlwasserzulauf, der über die Weser kommt. Der hat sich in den letzten Wochen halbiert." Nikolaus Vierthaler, stellv. Leiter des Kraftwerks

Und das bedeutet, dass weniger Wärme abgeführt werden kann, was letztenendes weniger Leistung bedeutet.

Russland-Embargo schränkt Kohle-Kapazitäten ein

Und auch die Beschaffung der Kohle könnte zu einem Problem werden. Erstens, weil die Bahn-Transportkapazitäten trotz einem Vorrangsrecht beschränkt sind und zweitens, weil die Kapazitäten an Kohle auf dem Markt durch das Russland-Embargo stark eingeschränkt sind. Daher kann es sein, dass die Leistung nicht dauerhaft eingehalten werden kann, so der stellvertretene Leiter.

Für den Bürgermeister von Petershagen, Dirk Breves, kam es wenig überraschend, dass das Kraftwerk Systemrelevanz habe. Er hat sich über die Ankündigung gefreut:

"Ich stell mir das immer so vor wie beim Fußball. Wer will während des Spiels auf der Reservebank sitzen? Da hat eigentlich keiner Bock zu. Alle wollen auf den Platz. Und deswegen glaube ich, dass die Mitarbeitenden sich in der Tat freuen und motiviert sind, dass sie jetzt wieder in das Marktgeschehen eingreifen können." Dirk Breves, Bürgermeister Petershagen

Ministerium und Greenpeace: bitter aber notwendig

Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen sieht den temporären Weiterbetrieb als notwendig an. Auch wenn das aus klimapolitischer Sicht sehr bitter sei. Es räche sich, dass die erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren nicht konsequenter ausgebaut worden seien.

Ähnlich äußerte sich auch der Klima- und Energieexperte von Greenpeace, Karsten Smid, und ergänzt: Es müssten jedoch die jetzt zwangsläufig entstehenden zusätzlichen Emissionen in den folgenden Jahren ausgeglichen werden, damit daraus kein Rückschritt für den Klimaschutz werde.

Mehrere Kraftwerke wieder am Netz

Anfang August ist bereits das Kraftwerk Mehrum im niedersächsischen Hohenhameln, zugehörig zum tschechischen Energiekonzern EPH, als erstes Steinkohlekraftwerk wieder aus der Reserve zurückgeholt worden. Auch das Essener Energieunternehmen Steag hat angekündigt, Reserve-Steinkohlekraftwerke wieder in Betrieb nehmen zu wollen.