Missbrauchsfälle im Erzbistum Paderborn
Hinweistafel im Paderborner Dom erinnert an Verfehlungen der Bischöfe
Stand: 12.07.2023, 18:56 Uhr
Eine Hinweistafel in der Krypta des Paderborner Doms soll ab sofort auf die Verfehlungen zweier verstorbener Bischöfe hinweisen. Beide sind dort begraben.
Von Arndt Möller
Von sexuellem Missbrauch betroffene Menschen aus dem Erzbistum Paderborn hatten Maßnahmen gefordert, denn in die Amtszeiten der beiden ehemaligen Erzbischöfe Lorenz Kardinal Jäger und Johannes Joachim Kardinal Degenhardt fallen zahlreiche Missbrauchsfälle.
Die Uni Paderborn untersucht die Fälle und wird damit wohl noch jahrelang beschäftigt sein. Doch die Vorwürfe gegen die Ex-Kardinäle wiegen offenbar so schwer, dass es jetzt schon Konsequenzen gibt.
"Schwere Fehler im Umgang mit sexuellem Missbrauch"
Missbrauchsopfer haben den Text vorgeschlagen, den Dombesucher ab Donnerstag lesen können:
"Es ist alles vertuscht worden"
Einer dieser Betroffenen ist Reinhold Harnisch. Der IT-Berater will anderen Opfern eine Stimme geben. Seit über einem Jahr engagiert er sich in der unabhängigen Betroffenenvertretung im Erzbistum Paderborn.
"Wir haben die Texttafel gefordert, weil hier Ehrengräber bestehen, aber den Personen die Ehre vielleicht nur eingeschränkt zu Gute kommen soll", sagt Harnisch in der Krypta des Doms. Der Weg hierhin ist für ihn immer noch kein leichter, erzählt der 67-Jährige. Er war Sänger im Paderborner Domchor und hat über zwei Jahre sexuelle Misshandlung durch den Chorleiter erlebt.
Erzbischöfe und Ehrenbürger der Stadt Paderborn
Die Taten fallen in die Amtszeiten der Erzbischöfe Lorenz Kardinal Jäger (1941 bis 1973) und Johannes Joachim Kardinal Degenhardt (1974 bis 2002). Bis heute erinnern Straßen und Plätze an die beiden Paderborner Ehrenbürger. Sie sollen aber eher Täter geschützt als Opfern geholfen haben, haben Wissenschaftler der Uni Paderborn herausgefunden.
"Es gibt Kleriker, die das Ganze ruhen und es begraben lassen wollen"
Betroffenensprecher Reinhold Harnisch ist froh, dass sich etwas tut im Erzbistum Paderborn. Die Verantwortlichen haben dem Vorschlag mit der Texttafel im Dom schnell zugestimmt. Aber Harnisch sieht auch: "Es gibt nach wie vor Kleriker, die das Ganze ruhen und es begraben lassen wollen und nicht mehr darüber reden. Aber man kann eine solche Diskussion nicht abschütteln."
Dass diese Debatte weitergeht, dafür will der Sprecher der Missbrauchsopfer sorgen. Wie viele Betroffene es gibt, ist nicht klar. Fest steht: Es gibt 160 Beschuldigte im Erzbistum Paderborn.
DieK Krypta des Paderborner Domes wurde gerade für 2,5 Millionen Euro restauriert und umgestaltet. Sie wird häufig als "Herzkammer" des Erzbistums bezeichnet. Sie zählt mit 32 Metern Länge zu den größten in Deutschland und soll am Sonntagnachmittag in einem Gottesdienst feierlich eingeweiht werden.