Person sitzt vor einem Computer Bildschirm und schaut auf "Lotsennetzwerk"-Fenster

Netzwerk im Märkischen Kreis: Gemeinsam gegen Suchterkrankungen

Stand: 29.08.2024, 13:24 Uhr

Raus aus der Sucht – Für viele Betroffene ein harter Kampf. Über Monate, manchmal über Jahre. Ein Kampf, den sie oft allein mit sich ausmachen müssen.

Von Elli KonstantinidisElli Konstantinidis

Eine erfolgreiche Therapie ist nicht immer ein Garant für eine lebenslange Abstinenz - die Gefahr des Rückfalls ist immer da.

Genau hier will das neue Lotsennetzwerk im Märkischen Kreis helfen. Es ist bereits das zweite in Nordrhein-Westfalen. Das erste wurde 2022 in Siegen-Wittgenstein gegründet. 

Die Idee – Ehrenamtlich ehemals Suchtkranke, die erfolgreich den Weg raus aus der Sucht gemeistert haben, sollen als Lotse den Betroffenen, die frisch aus der Therapie, aus der Klinik kommen helfen, gestärkt in ein neues Leben zu gehen. Ihnen Wege, Möglichkeiten aufzuzeigen, die anfangs vielleicht noch Angst bereiten.

Erfahrung eines Suchtkranken

Dirk Hillebrand aus Iserlohn hat sich entschieden im Märkischen Kreis Lotse zu werden. Der 55 Jährige ist seit 2015 abstinenter Alkoholiker. Er weiß was eine Sucht mit einem Menschen machen kann und vor allem, wie wichtig Unterstützung ist.

Mann läuft durch Getränkegeschäft zwischen Bierkisten

Dirk Hillebrand zwischen Bierkästen im Getränkemarkt.

"Ich weiß wie es sich anfühlt, wenn man trinkt, obwohl man nicht trinken will, wenn man nicht aufhören kann, obwohl man eigentlich gerne aufhören möchte. Damals war Alkohol eine Stütze, ein Hilfsmittel. Heute bin ich froh, dass ich das Problem los bin und dass das Thema durch ist. Jedoch hatte ich damals nicht die Unterstützung, die das Lotsennetzwerk jetzt ermöglicht", so Dirk Hillebrand. 

Eins zu eins Beutreung durch Lotsen

Konkret ist damit die eins zu eins Betreuung gemeint. Ein Lotse steht nach seiner offiziellen Schulung einem Betroffenen bei bis zu 5 Terminen zur Seite. Dabei kann individuell entschieden werden, ob es bei den Treffen um ein persönliches Treffen geht oder ob der Lotse den Betroffenen zum Beispiel in eine Selbsthilfegruppe begleiten soll. Etwas, was Dirk Hillebrand zum Beispiel früher selbst viel Angst bereitet hat.

"Ich erinnere mich sehr gut an meinen ersten Termin in der Selbsthilfegruppe. Das war für mich ganz schlimm, weil ich enorme Angst hatte. Ich hatte Selbstwertprobleme. Ich hatte große Angst, dort überhaupt meine Geschichte zu erzählen, weil man sich ja auch ein Stück weit schämt. Ich hätte es damals toll gefunden, wenn mich jemand an die Hand genommen hätte und gesagt hätte - Wir gehen zusammen dahin. Entspann dich, die nicht beißen", so Dirk Hillebrand.

Auf Augenhöhe für die Suchterkrankten da sein

Angst nehmen, für die Menschen da sein – auf Augenhöhe. Ein System, das sich bereits in Siegen-Wittgenstein erfolgreich etabliert hat. Dort entstand vor 2 Jahren das erste Lotsennetzwerk in NRW

"Gestartet sind wir im ersten Jahr mit bereits 20 Lotsen. Wir konnten damals bereits 30 Betroffenen zur Seite stehen. Ein voller Erfolg, der zum großen Teil auf das große Engagement der ehrenamtlichen Lotsen zurückzuführen ist, die sehr viel Herzblut in dieses Projekt legen", so Simone van Overloop, Leiterin sozialpsychiatrischer Dienst Siegen-Wittgenstein.

Genau dieses Engagement möchte Dirk Hillebrand gemeinsam mit vielen weiteren Lotsen auch im Märkischen Kreis weiterführen. Um Suchterkrankten ein abstinentes Leben zu ermöglichen.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporterin vor Ort
  • Lotsennetzwerk Märkischer Kreis
  • Sozialpsychiatrischer Dienst Siegen-Wittgenstein

Über dieses Thema berichten wir auch am 29.08.24 in der Lokalzeit Südwestfalen im WDR Fernsehen.