Ex-Junkie fordert Schulfach "Leben"
Lokalzeit Münsterland. 02.05.2024. 02:19 Min.. Verfügbar bis 02.05.2026. WDR. Von Nicole Albers.
Mehr Prävention: Ex-Süchtiger fordert Schulfach "Leben"
Stand: 02.05.2024, 20:49 Uhr
Drogen, Alkohol, Mediensucht: Wenn es nach dem Ex-Süchtigen Hermann Wenning geht, muss darüber viel mehr mit Jugendlichen gesprochen werden. Darum setzt er sich mit einer Petition für ein neues Schulfach "Leben" ein.
Von Nicole Albers
"Ich war 20 Jahre alkoholabhängig, von illegalen Drogen war ich sieben Jahre abhängig, Ecstasy, Amphetamine, Heroin." Hermann Wenning erzählt an der Sekundarschule an der Berkel in Vreden aus seinem Leben.
Maja Wissing fände ein Fach "Leben" gut
"Ich fand es voll überraschend, dass es mit einem Bier anfangen kann und so krass werden kann." Maja Wissing ist Schülerin an der Sekundarschule. Zusammen mit ihren Mitschülern aus der Jahrgangsstufe 8 hat sie den Vortrag von Hermann Wenning angehört.
"Ich war 20 Jahre drauf"
Der 60-Jährige wird seit vielen Jahren nach Vreden eingeladen, um über sein Leben zu berichten – über die Jahre seines Lebens, in denen er, wie er selbst sagt, "drauf" war.
Alkohol gehört immer dazu
Aufgewachsen ist Wenning in Legden, wohlbehütet auf einem Bauernhof. Doch so wohlbehütet das Leben war, gab es genügend Anlässe, Alkohol zu trinken. Egal ob Schützenfeste, Landjugendfeiern oder das Fußballtraining – Alkohol gehörte und gehört nach wie vor dazu. Bereits mit 17 Jahren war Wenning abhängig, erst von Alkohol, später von Drogen. Das führte zur Kriminalität und brachte ihn schließlich ins Gefängnis.
Über diese Zeit hat er einige Bücher geschrieben und besucht regelmäßig Schulen, denn er möchte Jugendliche aufklären über die Gefahren. Dennoch hat er den Eindruck, dass solche Themen viel zu wenig Raum einnehmen in den Schulen. Darum hat er in mehrere Landtage wie etwa in Düsseldorf eine Petition eingebracht: Er möchte ein neues Schulfach einführen, das Schulfach "Leben", in dem es nicht nur um Drogen gehen soll, sondern auch um Mobbing, Gewalt, Medien, Essstörungen.
"Auf einmal ist man drin"
"Es ist krass, wie schnell man drin ist“, findet Schüler Anton Geling.
Damit, so meint er, wäre nicht nur dem einzelnen Jugendlichen, sondern auch der Gesellschaft geholfen, denn "wir haben acht Millionen Abhängige, die fehlen als Fachkräfte, Menschen die krank sind, können nicht in die Kassen einzahlen." Dennoch gebe es einige Schulen, in denen solche Themen gar nicht oder kaum besprochen werden. Auch viele der Achtklässler halten ein solches Fach für sinnvoll. Auch der 14-jährige Anton Geling, denn Wennings Vortrag hat ihm deutlich gemacht, wie schnell man abhängig werden kann: "Auf einmal ist man drin und kommt auch nicht wieder raus."
Mehr in Prävention investieren
Hermann Wenning hat es geschafft, der Sucht zu entkommen, doch er kennt viele, bei denen es anders lief. Umso wichtiger sei es, mehr in Prävention zu investieren und vor allem mehr in Schulen darüber zu sprechen, denn das könne Leben retten: "Es ist noch nie jemand daran gestorben, dass er den Dreisatz nicht gerafft hat, aber viele Alkoholabhängigkeiten enden tödlich. Die meisten Abhängigen kommen aus der Sucht nicht mehr raus und sterben früher."
Das aber muss nicht sein, zumindest wenn ein Süchtiger die nötige Unterstützung bekommt, sagt Christina Rummel von der Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen: "Die Behandlung einer Abhängigkeit hat eine hohe Erfolgsquote. Das haben viele nicht auf dem Schirm, könnte aber viele motivieren, Hilfen zu suchen."
Über dieses Thema berichtet der WDR am 02.05.2024 auch im Fernsehen in der Lokalzeit Münsterland.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporterin vor Ort