Europacup der Zweirad-Mechaniker:innen in Münster mit 22-Jährigem aus Steinfurt

Lokalzeit Münsterland 16.02.2024 02:21 Min. Verfügbar bis 16.02.2026 WDR Von Ralf Czichowski

Europas beste Schrauber in Münster gesucht - "Nichts verpfuschen bei der Reparatur"

Stand: 16.02.2024, 19:20 Uhr

Platten flicken beim Fahrrad können viele. Aber wie programmiert man eine elektronische Schaltung? Dafür braucht man schon einen Zweirad-Mechatroniker. Die besten Schrauber Europas haben sich in Münster gemessen.

Von Christina Felschen

Lennart Kreft schraubt seit seiner Kindheit an Fahrrädern, aber ein Differential an einem Liegerad austauschen? Das macht er nicht alle Tage. Genau das ist in den kommenden 45 Minuten aber seine Aufgabe. Der 22-jährige Steinfurter nimmt an den Europameisterschaften der Zweirad-Mechatroniker teil, die in diesem Jahr in Münster stattfinden.

Schweigend hantiert Kreft an der Achse, Seite an Seite mit seinem Berufskollegen Steffen Hanel aus Baden-Württemberg. Immer wieder schaut er in das Handbuch des Herstellers. "Die Jungs wissen, dass sie so eine Reparatur im echten Leben nicht verpfuschen dürfen. Auch, um den Radfahrer nicht in Gefahr zu bringen", raunt Lukas Fransbach, der als Preisrichter zuschaut. "Außerdem kostet das Teil, das er da einbaut, locker 500 Euro."

Juror: "Unser Handbuch ist das Problem"

Fransbach muss es wissen, er arbeitet für den Waltroper Hersteller des Rades, das gerade repariert wird. Er ist auch aus eigenem Interesse hier. "Wenn die Besten der Besten es nicht schaffen, unser Rad zu reparieren, ist unser Handbuch das Problem", sagt er. Und das sei tatsächlich schon der Fall gewesen: "Ein Teilnehmer ist über eine ungenaue Formulierung gestolpert. Die werden wir verbessern."

Selina Giacomini bei Arbeiten an einem Fahrrad

Unter Zeitdruck mussten Schaltungen programmiert werden

Kurz vor Ablauf der Zeit ist Kreft fertig und wischt sich die öligen Hände ab. Dieses Mal hat er es geschafft. "Das war richtig anstrengend. Mit den meisten Problemen, die wir hier lösen sollen, war ich noch nie konfrontiert."

Alle waren Jahrgangsbeste bei ihrer Gesellenprüfung

Zu gewinnen gibt es hier wenig, außer der Ehre. Aber Kreft macht die Herausforderung, die weit über den Alltag in seiner Werkstatt hinausgeht, Spaß. Die gespannte Stille, wenn sie alle auf den langen Fluren der Handwerkskammer Bildungszentrum stehen, um auf ihre nächste Aufgabe zu warten.

30 Teilnehmer aus acht europäischen Ländern, die sich größtenteils noch nie begegnet sind und doch so viel gemeinsam haben. Sie alle haben ihre Gesellenprüfung als Jahrgangsbeste abgelegt und sich dann in Wettbewerben auf Kammer-, Landes- und Bundesebene qualifiziert.

Eine Männerdomäne? Zu Unrecht

Selina Giacomini bei einer Besprechung in der Werkstatt

Frauen gab es nur unter den Preisrichtern, hier Selina Giacomini

Und: Sie alle sind Männer. Zu Unrecht, findet Selina Giacomini, die als Jurorin darüber urteilt, wie professionell die Teilnehmer eine elektronische Rennradschaltung programmieren. "Frauen sind oft besser darin, unbekannte Probleme am Rad zu lösen, weil sie bereit sind, nach Anleitung zu arbeiten, während die Männer einfach loslegen." Vor acht Jahren hat Giacomini selbst den dritten Platz bei den Europameisterschaften belegt – und anschließend als Leiterin einer Werkstatt angehende Mechatronikerinnen und Mechatroniker ausgebildet.

Am Ende reicht es bei Lennart Kreft doch nicht zum Meisterschaftstitel. In der Kategorie Fahrrad holt den sein deutscher Kollege Steffen Hanel. Seinen Traum will er trotzdem weiterverfolgen: Einmal selbst für einen Hersteller Fahrräder zu entwickeln.

Unsere Quellen:

  • WDR Reporterin vor Ort