Fragen zur US-Wahl: Warum der Sieger erst nach Wochen feststehen könnte | Aktuelle Stunde
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Fragen zur US-Wahl: Warum der Sieger erst nach Wochen feststehen könnte
Stand: 03.11.2024, 06:00 Uhr
Dienstag ist es so weit: In den USA wird gewählt. Auch in Deutschland steigt die Anspannung.
Von Nina Magoley
Selten ging es bei einer Präsidentschaftswahl in den USA um so viel: Ob der Republikaner Donald Trump oder die Demokratin Kamala Harris gewinnt, könnte auch für große Teil der restlichen Welt entscheidend sein. Nicht nur bei Themen wie Migration, Klimaschutz oder Wirtschaft, auch in vielen außenpolitischen Fragen haben die beiden Kandidaten extrem unterschiedliche Pläne.
Wann wird gewählt?
Die ersten Wahllokale öffnen am Dienstag, 5. November, um 6 Uhr deutscher Zeit. Da die USA ein riesiges Flächenland sind, besteht zwischen Ost- und Westküste ein Zeitunterschied. Hinzu kommen spezielle Regelungen in den einzelnen Staaten. Während die ersten Wahllokale um sechs Uhr Abends am Dienstag schließen (Für die Ostküste bedeutet das für uns: 24 Uhr deutscher Zeit), sind sie an in manchen Regionen vor Ort noch einige Stunden länger am Abend geöffnet. Einige Wahllokale an der Westküste haben also nach deutscher Zeit noch bis zum Mittwochmorgen geöffnet (Dienstagnacht vor Ort).
Knapp 246 Millionen US-Amerikaner dürfen wählen, und viele haben bereits ihre Stimme abgegeben – entweder per Briefwahl oder persönlich vor Ort. Die Möglichkeiten dazu unterscheiden sich von Staat zu Staat. In Virginia, Mississippi und Minnesota etwa kann man bereits mehr als 40 Tage vor dem Election Day im Wahllokal seine Stimme abgeben. Laut Election Lab der Universität Florida gaben bis zum 2. November bereits mehr als 70 Millionen Wahlberechtigte ihre Stimme vorzeitig ab.
Wie genau das US-Wahlsystem funktioniert und weitere Fragen beantworten wir hier:
Warum wird eigentlich an einem Dienstag gewählt?
Seit 1845 fällt der "Presidential Election Day" auf den Dienstag nach dem ersten Montag im November. Zur damaligen Zeit lebte ein Großteil der Wähler von der Landwirtschaft. Mittwoch und Samstag war Markttag, am Sonntag ging man in die Kirche. Damit auch Wählerinnen und Wähler aus abgelegenen Gebieten den Weg zum Wahllokal schaffen konnten, rechnete man ab Wochenbeginn einen Tag Zeitpuffer ein. So kam es zum Dienstag als traditionellem Wahltag - was heutzutage vielen berufstätigen US-Bürgern nicht mehr so gut passt.
Liberty Davis (15) aus Marion, Ohio, derzeit für einen Schüleraustausch in Bornheim
"Wenn ich mit meinen deutschen Freunden spreche, sagen sie mir, dass Trump verrückt ist. Sie finden, dass Trump ins Gefängnis gehört und verstehen nicht, warum die Amerikaner für ihn gestimmt haben. Insgesamt machen sie sich Sorgen über die Folgen der Wahl, egal wer gewinnt.
Ich glaube, dass dies ein entscheidender Wendepunkt für Amerika ist. Die meisten Amerikaner haben die Nase voll und sind der Meinung, dass keiner der beiden Kandidaten für das Amt des Präsidenten geeignet ist, so wie ich. Leider befindet sich Amerika im Moment in einer schwierigen Lage, und ein starker Kandidat wäre großartig gewesen. Stattdessen ist diese Wahl zu einem Versuch geworden, das kleinere Übel zu wählen.
Für mich und viele Amerikaner gibt es eine klare Entscheidung: Meiner Meinung nach ist Harris das geringere Übel. Unabhängig davon, wer gewinnt, mache ich mir Sorgen um mein Land."
Wann erfahren wir das Ergebnis?
Eine feste Deadline zur Verkündung der ersten vorläufigen Wahlergebnisse gibt es in den USA nicht. In der Regel laufen die ersten Hochrechnungen in der Nacht auf Mittwoch (deutsche Zeit) ein. Traditionell verkünden in den USA die großen Fernsehsender als erste ein Ergebnis - eine offizielle Wahlkommission oder einen Bundeswahlleiter wie in Deutschland gibt es dort nicht.
Die Sender haben dazu ihre eigenen Analysten - und so können zwei Sender auch zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen. Auch die vorläufigen Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten, die im Lauf der Nacht genannt werden, basieren auf der Einschätzung der Medien.
Was den Nervenkitzel dabei erhöht: Die sogenannten Swingstates, in denen Demokraten und Republikaner jeweils keine eindeutige Mehrheit haben, befinden sich nicht nur im Osten der USA. Mit Nevada und Arizona sind zwei Staaten dabei, deren Wahlergebnis mit als letztes einläuft.
Lena Reinhold (23) aus Bielefeld, gerade für ein Praktikum in Cedar Rapids, Iowa
"Allgemein ist Iowa sehr gespalten. In der Vergangenheit hat Iowa mal für die republikanische, mal die demokratische Partei gewählt. Momentan überwiegen die Republikaner. Tatsächlich wird das Thema Politik weitgehend vermieden – sei es bei der Arbeit, im College oder im Freundeskreis. Viele Menschen halten sich zurück und sind angespannt, insbesondere angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten, die unter anderem zu einem Rückgang der Verkaufskraft führen können.
Meine Gastfamilie hier in Iowa wählt demokratisch, während meine Gastfamilie aus der High School, eine Farmerfamilie aus South Carolina, republikanisch wählt. Beide Familien sind wunderbar, jedoch zeigen sich schnell die Unterschiede: Meine Gastgeschwister aus Iowa haben öffentliche Schulen besucht, an Schüleraustauschprogrammen teilgenommen und in einer mittelgroßen Stadt gelebt.
Im Gegensatz dazu hat meine Gastfamilie aus South Carolina großen Wert auf Homeschooling gelegt, war kirchlich aktiv und betrieb Landwirtschaft. Diese beiden Familien repräsentieren grob die Wählerschaft beider Parteien."
Aber: Am Mittwoch ist noch längst nicht mit einem verlässlichen Ergebnis zu rechnen. Bis zur Verkündung des genauen Endergebnisses vergehen noch Tage. Das hat mehrere Gründe: So haben die einzelnen Bundesstaaten sehr unterschiedliche Auszählungsmethoden - in vielen wird elektronisch ausgezählt, in anderen auf Papier.
Außerdem ist die Auszählung der Briefwahlstimmen ein komplizierteres Verfahren, das den Prozess in die Länge zieht. Die Zahl der Briefwähler ist in den letzten Jahren stark gestiegen, dadurch lag schon bei der letzten Wahl 2020 das Endergebnis erst nach vier Tagen vor.
Fällt ein Ergebnis sehr knapp aus, muss von Hand neu gezählt werden. Im Jahr 2000 beispielsweise lagen der Republikaner George W. Bush und der Demokrat Al Gore in Florida derart knapp gleichauf, dass erst nach fast drei Wochen ein Vorsprung von 537 Stimmen für Bush festgestellt wurde.
Auch bei der letzten Wahl 2020 war das Rennen zwischen Donald Trump und Joe Biden so knapp, dass das Ergebnis - mit dem Sieg des Demokraten Biden - erst am Samstag zweifelsfrei feststand.
Das endgültige Endergebnis der US-Wahl 2024 wird erst am 11. Dezember, 36 Tage nach dem Wahltag, veröffentlicht.
Charis Riebe (22) aus Wisconsin, zurzeit als Stipendiatin des Parlamentarischen Patenschafts-Programms in Bonn
"Ich habe den Eindruck, dass die Deutschen die amerikanischen Wahlen im Hinblick auf ihre möglichen Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen beobachten - aber auch, weil es Ähnlichkeiten zwischen Trump und seiner Politik und der wachsenden AfD-Partei in Deutschland gibt. Ich glaube, dass es ein sehr knapper Präsidentschaftswahlkampf werden wird und wir können noch nicht vorhersagen, wer gewinnen wird.
Ich glaube, das Wahlinteresse der Menschen in den USA, vor allem der Jugend, nimmt ab. Aber es ist so wichtig, wählen zu gehen! Viele Deutsche verfolgen die amerikanische Politik, aber ich habe den Eindruck, dass die Amerikaner im Allgemeinen die Wahlen und Debatten in anderen Ländern nicht so aufmerksam verfolgen. Dadurch wurde mir bewusst, wie groß der Einfluss einer Wahl sein kann und warum es wichtig ist, sich auch politisch außerhalb des eigenen Landes zu engagieren."
Quellen:
- Election Lab der Universität Florida
- Homepage 270towin
- RND
- WDR-Interviews
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 02.11.2024 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.