"Durch die Distanz ist es etwas Besonderes geworden, sich zu umarmen. Das schätzt man jetzt noch mehr", sagt die 12-jährige Marianne vom Konrad-Heresbach-Gymnasium in Mettmann. Ihre Mitschülerin Annika (17) hat Bedenken, dass nach der Pandemie etwas übrig bleibt von dem Abstand zwischen den Menschen: "Ich muss nicht jeden drücken, aber ich habe gerne körperlichen Kontakt zu meinen Freunden und Großeltern, möchte sie in den Arm nehmen."
"Das Säugetier Mensch braucht unbedingt Körperberührungen"
Jens Teller, stellvertretender Leiter des Mettmanner Gymnasiums hat festgestellt, dass die Berührungen zwischen den Schülerinnen und Schülern merklich zurückgegangen sind: "Man sieht nicht mehr dieses intensive Miteinander, den Austausch von Gefühlen und Zärtlichkeiten, Begrüßungen mit Küsschen. Das ist verschwunden. Ich hoffe, das kommt bald wieder."
Haptik-Professor Martin Grunwald ist optimistisch: "Das Säugetier Mensch braucht unbedingt Körperberührungen, sonst kann es nicht froh und glücklich leben", sagt Grunwald, der in Leipzig zum Thema Körperkontakt forscht. Die Pandemie habe uns verdeutlicht, wie sehr wir diese alltäglichen Berührungen brauchen. "Nach Corona werden sich die Jugendlichen ihr altes Leben schnell zurückholen. Die Älteren haben den biologischen Druck nicht mehr, werden nach einer Irritationsphase aber auch wieder zurückfinden, denn Berührungen sind für alle Altersgruppen wichtig", so Grunwald.
Studie: Wir werden unser Begrüßungsverhalten ändern
Den Tag X für die Rückkehr zur Normalität werde es nicht geben, befürchtet Gymnastin Nina (17). "Es wird immer präsent sein in den Hinterköpfen, weil weiterhin eine geringe Gefahr besteht. Der Prozess wird eine längere Zeit in Anspruch nehmen". Laut einer Studie der Uni Trier wird sich unser Begrüßungsverhalten sogar dauerhaft verändern: Küsschen und Händeschütteln werden nach dem Ende der Pandemie nicht mehr so beliebt sein wie vorher. Gründe: Die Menschen möchten Ansteckungen vermeiden - und so mach einer hatte noch nie etwas übrig für diese Rituale.
Trost, Liebe und Empathie funktionieren überwiegend über Berührungen, sagt Neurowissenschaftlerin Rebecca Böhme aus Schweden. Deshalb wäre sehr tragisch, wenn im Alltag Körperkontakt verloren geht: "Genau in dieser Zeit ist es doch besonders wichtig, Mitgefühl zu kommunizieren". Statt starrer Begrüßungsrituale sollten wir künftig sensibel auf unser Gegenüber zugehen und im Zweifel erstmal winken, rät Böhme. Das findet auch die 12-jährige Celine aus Mettmann: "Es gibt Menschen, die Angst haben. Jeder kann das machen, wie er das für richtig hält."