Für viele Menschen hört das Leiden selbst nach überstandener Corona-Infektion nicht auf. Denn sie haben Long Covid oder Post Covid. Was ist das? Welche Symptome sind typisch? Wie lange dauert das? Welche Behandlung ist möglich? Was bringt zum Beispiel eine Blutwäsche? Und wie kann man sich vor Long Covid schützen? Fragen und Antworten.
Was ist der Unterschied zwischen Long Covid und Post Covid?
Von Long Covid spricht man laut Robert Koch-Institut (RKI), wenn Beschwerden vier Wochen nach einer Ansteckung mit Corona fortbestehen oder neu auftreten. Sollten sie nach drei Monaten noch nicht weg sein, spricht man von Post Covid.
Was sind die häufigsten Symptome bei Long Covid?
Zu den häufigsten Symptomen bei Long Covid gehören Fatigue, auch Erschöpfungssyndrom genannt, sowie Kopfschmerzen; Aufmerksamkeitsdefizite; Haarausfall und Atemnot bzw. Kurzatmigkeit.
Long Covid zu diagnostizieren, sei "ziemlich komplex" - aufgrund der vielen verschiedenen Beschwerden, sagt Christina Sartori von der WDR-Wissenschaftsredaktion Quarks. Wie es zu den Langzeitbeschwerden komme, wisse man nicht. Das werde erforscht. Klarer scheine indes, wie viele Corona-Infizierte es bekommen. Laut Sartori beziffern mehrere Studien das Risiko so:
Wie lange hält Long Covid in der Regel an?
Der Mainzer Gutenberg-Covid-19-Studie zufolge klagen sogar rund 40 Prozent der Genesenen sechs Monate und mehr nach der Corona-Infektion über mindestens ein Long-Covid-artiges Symptom.
Besonders gefährdet sind wohl Menschen mit Vorerkrankungen, wie eine Datenauswertung des Zentralinstituts der Kassenärztlichen Versorgung (ZI) ergeben hat. "96 Prozent der Long-Covid-Fälle waren im Jahr zuvor bereits in ärztlicher Behandlung", sagte der ZI-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried im Juli der "Bild".
"Long-Covid-Patienten weisen häufiger als die Allgemeinbevölkerung Vorerkrankungen wie Atemwegserkrankungen, Bluthochdruck, Übergewicht und psychische Erkrankungen auf", so von Stillfried weiter.
Das ZI hat dem Bericht zufolge im kassenärztlichen Bereich 2021 rund 880.000 Fälle von Long Covid registriert. Zwei Drittel der Patientinnen und Patienten waren nach spätestens einem Quartal beschwerdefrei - ein Prozent der Fälle war komplex und langwierig.
Nach Auswertungen der Techniker Krankenkasse waren Patientinnen und Patienten mit mildem Corona-Krankheitsverlauf im Schnitt drei Monate wegen Long Covid krankgeschrieben. Wer wegen Corona mindestens eine Woche im Krankenhaus verbrachte, war wegen Long Covid bzw. Post Covid fünfeinhalb Monate krankgeschrieben - wer beatmet wurde, ungefähr sechs Monate.
Wie kann ich mich vor Long Covid schützen?
Als besten Schutz vor Long Covid nennt WDR-Wissenschaftsjournalistin Sartori die Impfung: "Nach bisherigen Daten senkt eine Impfung das Risiko für Long Covid." Sie senke das Risiko nicht auf null, schütze jedoch, weil sie einen schweren Verlauf der Corona-Erkrankung unwahrscheinlicher macht: "Wer einen schweren Verlauf von Corona hat, der hat ein höheres Risiko für Long Covid."
Ein weiterer Schutz sei natürlich, sich gar nicht erst mit Corona zu infizieren, so Sartori. Dabei könne helfen, die Hygiene-Regeln zu beachten, Masken an Orten zu tragen, wo Infektionen wahrscheinlicher sind, und Abstände einzuhalten.
Wie kann eine Behandlung bei Long Covid aussehen?
Ist Long Covid oder gar die längere Variante Post Covid diagnostiziert, gibt es über das ganze Bundesgebiet verteilt eine ganze Reihe von Reha-Zentren, die Patientinnen und Patienten dabei helfen, beschwerdefrei zu werden.
Viele Beschwerden seien Ärztinnen und Ärzten bekannt, so Sartori. Bei chronischen Kopfschmerzen etwa behandele man Long-Covid-Patienten genauso, wie man Menschen vor Corona mit denselben Symptomen behandelt habe.
Bei der oft auftretenden "Fatigue" gebe es jedoch keine Standardbehandlung. Das Repertoire reiche von Bewegungstraining bis hin zur Psychotherapie. Bei unbekannten Beschwerden versuche man, "dem Patienten zu helfen, mit den Beschwerden zu leben, sich zu arrangieren", so Sartori.
Was könnte noch getan werden? Ist Blutwäsche eine Lösung?
Es gibt Behandlungsmethoden wie etwa Blutwäschen, deren Wirksamkeit allerdings nicht bewiesen sind. Arzt und Moderator Eckart von Hirschhausen hatte diese Forschungslücke zur Blutwäsche Mitte Oktober ausführlich in seiner Long-Covid-Dokumentation für das "Erste" thematisiert.
Für seinen Film wurde von Hirschhausen allerdings auch kritisiert. Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefekt-Ambulanz an der Berliner Charité, sagte dazu: "Ich habe Sorge, dass der Film dazu führen wird, dass viele Patienten in ihrer Verzweiflung Geld in die Hand nehmen und sich eine HELP-Apherese machen lassen." HELP-Apherese ist der Fachbegriff für Blutwäsche.
Vor allem müsse zu Long Covid und Post Covid deutlich mehr geforscht werden, sagte der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Gerald Haug, Anfang Oktober. Seine Begründung: "Long Covid ist ein stark unterschätztes Problem mit bisher nur begrenzten Therapiemöglichkeiten."
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte inzwischen an, künftig 100 Millionen Euro Fördermittel in die sogenannte Versorgungsforschung fließen zu lassen, die optimale Versorgungskonzepte für Menschen mit Long Covid ermitteln soll. "Eine bedeutsame Frage ist beispielsweise, welche Form der Reha wirkt. Die falsche Reha kann eine zusätzliche Schwächung zur Folge haben", sagte Lauterbach einem Medienbericht zufolge.