Die Kitas in NRW starten in den sogenannten Regelbetrieb: Keine Notbetreuung mehr, keine geschlossenen Gruppen - alles läuft wieder, wie vor Corona. Tausende Eltern atmen auf: Der Spagat zwischen Berufstätigkeit und Kinderdauerbetreuung hat sich damit erstmal erledigt. "Vielen Familien wird damit eine große Last von den Schultern genommen", meldet der Landeselternbeirat.
Für das Kitapersonal aber ist es dennoch eine besondere Herausforderung. Denn während Kinder zwar keine Masken tragen müssen, gilt das für die Erwachsenen sehr wohl. Im Kontakt mit den Kindern sollen sie sie ablegen, bei Begegnungen untereinander dagegen tragen. Also in der Küche oder auch im lockeren Gespräch miteinander zwischendurch.
"Frühkindliche Bildung" muss weitergehen
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) hatte dieses Konzept entschieden verteidigt: "Wir wissen, dass die Pandemie nicht vorbei ist", sagte er im Westblick-Sommerinterview, dennoch dürfe "frühkindliche Bildung" nicht länger eingeschränkt bleiben. Deshalb sei mit Kita-Trägern, Gewerkschaften und dem Personal verabredet, den Regelbetrieb "unter strengen Hygienemaßnahmen" wieder aufzunehmen. Dazu gehört unter anderem regelmäßige Reinigung aller Kontaktflächen, regelmäßiges Lüften und Händewaschen.
Vertretbar sei das unter anderem, weil die Gruppengrößen in den Kitas eine Nachverfolgung möglich machten im Falle eines Infektionsausbruchs. Sollte es zu Infektionen kommen, werde sofort "umfangreich auch in die Familien rein getestet", versprach Stamp. Vorsorglich bekommen alle Kita-Beschäftigten bis zum 9. Oktober die Möglichkeit, sich alle 14 Tage freiwillig und kostenlos auf SARS-CoV-2 testen zu lassen.
Angst vor Infektionen
Der Landeselternbeirat dagegen sieht die Rückkehr zum offenen Betreuungskonzept - also nicht in coronabedingten kleineren Gruppen - kritisch. Potenzielle Infektionsketten könnten so nur schwerer nachvollzogen werden, das Risiko einer kompletten Kita-Schließung erhöhe sich damit stark. "Verlierer wären hier wieder die Kinder und ihre Eltern."
Eine Studie mit mehr als 5.200 Kindern und Beschäftigten in Düsseldorfer Kitas hatte im Juli ergeben, dass die Ansteckungsrate dort offenbar sehr gering war: In fast 35.000 Proben fand sich nur eine Infektion bei einem Kind.
Die Schnupfen-Regelung
Ein Thema, das viele Eltern nun umtreibt: Dürfen Kinder mit Schnupfen in die Kita? Nach einer "Rahmenempfehlung" der Landesregierung sollen Kinder mit Erkältungssymptomen zuhause bleiben. Bei einem "einfachen Schnupfen" aber soll einen Tag lang zuhause abgewartet werden, ob weitere Symptome hinzu kommen. Ist das nicht der Fall, darf das Kind weiter in die Kita gehen. Ein ärztliches Attest sei dafür nicht erforderlich. Bei der konkreten Einschätzung im Einzelfall setze er auf "ein bisschen gesunden Menschenverstand" auf allen Seiten, sagte Familienminister Stamp.
Alltagshelfer gesucht
Für das Hygienekonzept in den Kitas sind, anders als bei den Schulen, die jeweiligen Träger verantwortlich. Und die rechnen offenbar damit, nicht genug Personal für die Umsetzung zu haben. Unter Hochdruck suchen viele Träger daher nun "Alltagshelfer" – nicht-pädagogisches Personal, das beim gemeinsamen Händewaschen helfen soll, beim Tischdecken, Putzen oder Essen verteilen.
94,5 Millionen Euro stellt das Land bis Ende Dezember für solche Kita-Helfer zur Verfügung, jede KiBiz-geförderte Einrichtung kann dafür bis zu 10.500 Euro beantragen. Insgesamt 10,5 Millionen Euro sollen Kitas für Schulungen, Arbeitsschutz und Hygienemaßnahmen bekommen. Die Träger entscheiden jeweils, wie ein Helfer tariflich einsortiert wird.
Die Helfer seien kein Ersatz für pädagogisches Fachpersonal, betont Sabine Floßdorf, Referentin für Frühkindliche Bildung bei der AWO Mittelrhein. Und dennoch: Aus der Not könnte mit diesem Jobangebot sogar eine Chance gegen den Fachkräftemangel werden. "Vielleicht findet ja der eine oder andere dadurch Gefallen an diesem Beruf", hofft sie. Dann könnte "Corona doch auch etwas Positives bewirkt haben".