Wie ist die Lage in Frankreich und Spanien?
Spanien hatte am Freitagabend mit 3.829 neuen Fällen in den vergangenen 24 Stunden deutlich weniger Infektionen als am Donnerstag gemeldet, als noch 6.000 neue Fälle gemeldet wurden. Dennoch ist die Lage in dem Land beunruhigend.
Auch die Kanarischen Inseln, die bisher als einzige spanische Region von der Einstufung als Risikogebiet verschont blieben, verzeichnen steigende Zahlen: 367 Neuinfektionen - gemeldet am Montagmorgen - innerhalb eines Tages bedeuten den zweiten Rekordwert nacheinander.
In Frankreich meldeten die Gesundheitsbehörden am Sonntagabend 5.413 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Damit ging die Zahl nach einigen Tagen mit einem deutlichem Wachstum wieder zurück. Am Freitag waren zuletzt über 7.000 Corona-Neuinfektionen gemeldet worden. Das Gesundheitsministerium sprach von einem "exponentiellen" Anstieg.
Auch in Krankenhäusern und auf den Intensivstationen steige die Zahl der Patienten wieder an - wenn auch auf niedrigem Niveau. 21 Départements im Land sind als Risikogebiete klassifiziert. Diese sogenannten roten Zonen liegen vorwiegend - aber nicht ausschließlich - an der Mittelmeerküste und rund um die Hauptstadt Paris.
Seit Freitag gilt in ganz Paris und den angrenzenden Départements eine Maskenpflicht unter freiem Himmel. Ab Samstag gibt es auch strengere Regeln im an Deutschland grenzenden Département Bas-Rhin.
Warum steigen die Zahlen in Frankreich und Spanien?
"Man sucht immer nach einer einfachen Antwort, aber wie meist im Leben ist es etwas komplexer", so am Samstag der Virologe Rolf Kaiser von der Uniklinik Köln. In Deutschland habe man zum Beispiel mehr getestet. Zum anderen sei die Mentalität anders. Wenn man in Südfrankreich oder Spanien feiert, dann feiert man eigentlich nicht in der Wohnung. Wenn man dort nun gezwungen sei, in die enge Wohnung zu gehen, um dort Party zu machen, sei die Ansteckungsgefahr höher.
Ein weiterer Grund: In Frankreich gehen aktuell die Ferien zuende. "Die Franzosen kommen aus dem Urlaub zurück und lassen sich testen: Das dürfte der Hauptgrund für den aktuellen Anstieg der Zahlen sein", so die Einschätzung von ARD-Korrespondentin Sabine Rau.
Auch in Spanien beginnt im September wieder die Schulzeit. Dass die Zahlen vor allem in Madrid so stark ansteigen, liege unter anderem daran, dass in der spanischen Hauptstadt viele Leute auf wenig Platz leben, sagte der spanische Forscher Miguel Otero-Iglesias dem WDR. Die Stadt sei an sich schon eng gebaut, aber in den Randbezirken gebe es zudem viele Arbeiterbezirke, wo die Menschen noch enger zusammen lebten. Ein weiterer möglicher Grund laut Otero-Iglesias: "Spanien überhaupt ist ein Platz, ein Land, wo sich die Leute sehr viel berühren: Man küsst sich, man feiert und man spricht auch mit sehr viel Intensität."
Was können wir in Deutschland daraus lernen?
In Deutschland versuche man aktuell das Infektionsgeschehen besser zu verstehen, indem man gezielter teste, sagt der Kölner Virologe Rolf Kaiser. Während man in Deutschland im Prinzip alle Glutnester aufgedeckt habe, habe man in Spanien und Frankreich bisher nicht mit der gleichen Intensität getestet.
Aber: Beide Länder hätten versucht, die Ausbreitung zu bekämpfen und jetzt trete das Problem an der ein oder anderen Stelle wieder auf, so Kaiser. "Da sollte man also nicht mit dem Zeigefinger draufzeigen."