Wissenslücken durch Corona: Wie läuft es mit der Nachhilfe?

Stand: 20.06.2021, 17:14 Uhr

Das Corona-Jahr hinterlässt bei Schülern etliche Wissenslücken. Bund und Länder haben längst Finanzpakete für Nachhilfe geschnürt. Wie werden die in NRW eigentlich umgesetzt?

Von Katja Goebel

Seit über einem Jahr wirbelt die Pandemie den Schulalltag durcheinander. Viele Schüler sind im Distanzunterricht nicht mehr mitgekommen. Laut Lehrerverband haben bis 25 Prozent von ihnen große Lücken.

Diese Lücken sollen durch Förderprogramme geschlossen werden. In NRW gibt es seit dem Corona-Sommer 2020 die "Extra-Zeit zum Lernen". Jetzt will auch der Bund noch mal was zuschießen. Eine Milliarde Euro hat Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) allein für Nachhilfeprogramme versprochen. Doch wie lief es bisher?

Lehrerverband: Schüler zurückgewinnen

Laut NRW-Schulministerium wurden allein in den Monaten März bis Mai rund 1.800 Maßnahmen bewilligt. "Bei vielen dieser Maßnahmen in den Ferien steht aber nicht unbedingt das Lernen im Mittelpunkt, sondern die soziale Anbindung", sagt Sven Christoffer, Vorsitzender des Verbands LehrerNRW. Bestenfalls werde beides miteinander verbunden.

Das Problem: "Die Schüler, die es erreichen müsste, sind meist nicht dabei." An manchen Schulen habe der Distanzunterricht fast 50 Prozent der Schüler schlicht nicht erreicht. "Die muss man erst mal wieder für Schule zurückgewinnen." Doch auch die freien Träger hätten häufig gar nicht genug Personal, um qualifizierte Maßnahmen in solchem Umfang anzubieten.

Extra-Lernzeit in den Sommerferien

Doch es gibt auch Schulen, da wird tatsächlich in den Ferien gelehrt und gelernt. An der Heinrich-Böll-Gesamtschule in Oberhausen zum Beispiel. Dort werden 86 Schüler in den Sommerferien drei Wochen lang Nachhilfe bekommen. "Die Schule liefert die Schüler, stellt die Räume, und die Awo übernimmt als Träger die Organisation", erklärt Schulleiter Werner Brücker.

Den Nachhilfeunterricht übernehmen neben Referendaren übrigens auch Abiturienten und ehemalige Schüler, die heute Lehramtsstudenten sind. "Wir haben noch einen guten Kontakt zu unseren Ehemaligen."

Wenn sich diese Premiere bewährt, könnte sie im neuen Schuljahr vielleicht neu aufgelegt werden. Schließlich steht dann ein neuer Finanztopf zur Verfügung - diesmal vom Bund.

Aufholjagd mit über 400 Millionen Euro

Beim Bundesprogramm "Aufholen nach Corona" entfallen laut Schulministerium allein auf NRW rund 215 Millionen Euro, die durch Landesmittel in gleicher Höhe aufgestockt werden sollen.

Extra-Unterricht auch in den Sommerferien | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Noch ist nichts entschieden: Freie Träger, private Institute, Universitäten, pensionierte Lehrer - für die Nachhilfe kann sich der Bund da vieles vorstellen. "Es wäre gut, wenn ein Teil des Geldes direkt in die Schulen fließen würde statt in Hunderte von Nachhilfeinstitute", hofft Sven Christoffer von LehrerNRW.

"Die Experten sitzen in der Schule, sie kennen ihre Schüler am besten und können sich genau am Lehrplan orientieren." Und noch einen Wunsch hat der Lehrerverband: Auch die Sozialarbeit sollte mit der Finanzspritze massiv ausgebaut werden.