Sommer, Sonne, Wärme - all das lädt geradezu ein zum gemeinsamen Feiern, Grillen - und auch bei Heiratswilligen sind die Sommermonate besonders beliebt. Während der ersten Pandemie-Welle waren größere Hochzeitsfeiern verboten, jetzt ist das aber wieder möglich. Bis zu 150 Personen dürfen seit dem 15. Juli bei "herausragendem Anlass" wieder zusammen kommen - auch in geschlossenen Räumen, ohne Abstandsgebot und Maskenpflicht. Erlaubt sind auch Taufen, Geburtstagsfeiern und Beerdigungen.
Mittlerweile aber gibt es Zweifel daran, ob diese Lockerung nicht zu weit geht. Die Infektionszahlen steigen rasant wieder an, das RKI bezeichnet diesen Trend als "sehr beunruhigend". Besondere Ausbrüche seien besonders im Zusammenhang mit Feiern im Familien- und Freundeskreis und privaten Freizeitaktivitäten zu beobachten.
Mehrere Infektions-Hotspots in NRW
In NRW liegen solche Hotspots dem RKI zufolge unter anderem in Herne, Hagen, Duisburg und Wuppertal. Hier seien die Infektionen vor allem durch Reiserückkehrer und innerhalb von Familienverbänden zu beobachten. In einer Meldung betont das RKI daher: "Menschenansammlungen - besonders in Innenräumen - sollten möglichst gemieden und Feiern auf den engsten Familien- und Freundeskreis beschränkt bleiben."
Das NRW-Gesundheitsministerium geht davon aus, dass derzeit ein Drittel der Neuinfektionen dem "privaten Umfeld" zuzuschreiben sind - neben Infektionen im eigenen Haushalt auch zum Beispiel Feiern in den eigenen vier Wänden und Treffen mit Bekannten.
Darüber hinaus sind sechs Prozent auf Veranstaltungen zurückzuführen - unter anderem private Feiern in Gaststätten. So hatten sich Ende Juli mehr als 60 Gäste einer Hochzeitsfeier in Geldern infiziert. Reiserrückkehrer sind für jede vierte Neuinfektion verantwortlich.
Gesundheitspolitiker Lauterbach: "So wenig feiern, wie geht"
Er rate, die Zahl der zulässigen Teilnehmer auf 50 zu reduzieren, sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach im WDR-Interview. Und: "So wenig feiern, wie geht." Denn das Infektionsrisiko in geschlossenen Räumen sei 20 mal höher als unter freiem Himmel.
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte am Sonntagabend im ZDF-"heute journal" vor privaten Feierlichkeiten als Gefahrenquelle gewarnt. Deswegen müsse man "nochmal schauen: Was sind die Grenzen, was sind die Regeln für die Größen von Veranstaltungen".
Unklare Grenzen?
Die Grenzen scheinen derzeit verschwommen: So kamen in einem Pop-up-Biergarten am Kölner Rheinufer am vergangenen Wochenende zeitweise bis zu 280 Menschen zusammen. Gleichzeitig sah sich die Polizei verpflichtet, eine Freiluft-Techno-Party mit 600 Teilnehmern und eine am Rheinufer mit 100 Teilnehmern wegen Infektionsgefahr aufzulösen.
Gericht verbietet Geburtstagsparty
Ende vergangener Woche untersagte das Verwaltungsgericht Münster eine geplante private Party zu einem 26. Geburtstag mit 70 Gästen. Nachbarn des angehenden Jubilars aus Münster hatten das Ordnungsamt vorab über dessen Feierpläne informiert. Die Durchführung der Feier sei nicht zulässig, befand das Gericht. Ein 26. Geburtstag sei "kein herausragender Anlass", bei dem das Abstandsgebot und die Maskenpflicht entfallen könnten. In der Corona-Pandemie stelle ein solches Ereignis mit dichtem Kontakt zwischen vielen Menschen, "lautstarker Unterhaltung, auch mit Gesang oder gemeinsamem Tanzen" eine besondere Gefährdung dar.
Runde Geburtstage sind ein "herausragender Anlass zum Feiern
Aus Sicht des Kölner Rechtsanwalts Christian Solmecke hat das Münsteraner Gericht mit seinem Urteil klargestellt, dass bei einem Geburtstag dann ein "herausragender Anlass" zum Feiern im privaten Rahmen gegeben ist, wenn er rund ist. Generell sei es natürlich erst einmal richtig, dass jeder in seiner Wohnung tun und lassen könne, was er oder sie für richtig halte, sagt Solmecke dem WDR. Allerdings dürfe niemand andere belästigen oder gefährden. Erfahre die Polizei von einer privaten Feier im größeren Ausmaß, könne sie erst einmal klingeln und darum bitten, dass die Veranstaltung aufgelöst wird. "Erst, wenn all das nicht fruchtet, dann hat die Polizei weitergehende Möglichkeiten", so Solmecke. Dann dürfe sie die Wohnung betreten und die Feier auflösen.
Der Kölner Bundestagsabgeordnete Lauterbach sieht das Problem eher bei den derzeit häufigen spontanen Feiern auf öffentlichen Plätzen in den Städten NRWs. Solche Partys müsse man in den Griff bekommen. Mindestens müsse hier eine Maskenpflicht gelten, denn die Virusübertragung durch Aerosole sei auch hier "sehr gefährlich".