Seit sich die Omikron-Variante des Coronavirus in Deutschland verbreitet, explodieren die Infektionszahlen. Trotzdem ist die Sorge nicht mehr so groß wie noch vor einem Jahr. Ein Grund dafür ist, dass Studien zeigen, dass die neueste Corona-Mutation zwar wesentlich ansteckender als frühere Varianten ist. Gleichzeitig ist demnach aber das Risiko einer schweren oder gar lebensgefährlichen Covid-Erkrankung bei Omikron geringer als bei früheren Wellen - häufig ist die Rede von einem "milden Verlauf".
Dazu kommt, dass ein großer Teil der Bevölkerung mittlerweile geimpft oder sogar schon geboostert ist. Selbst wenn das nicht zu 100 Prozent vor einer Infektion schützt, stehen die Chancen gut, dass die Krankheit bei einer geimpften Person mild verläuft. Doch was bedeutet das überhaupt: "milder Verlauf"?
Einstufung von WHO und RKI
Das Robert Koch-Institut (RKI) orientiert sich bei seiner Einstufung an den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation WHO. Demnach wird unterschieden zwischen einer symptomfreien Corona-Infektion, leichten bzw. moderaten, schweren und kritischen Erkrankungen.
Einstufung der Verläufe einer Covid-Erkrankung (Quelle: RKI)
Asymptomatische Infektion: Obwohl der PCR-Test positiv ist, entwickelt der oder die Infizierte keinerlei Symptome.
Milde/moderate Erkrankung: Der oder die Infizierte entwickelt Erkältungssymptome wie Husten, Fieber, Schnupfen und/oder Halsschmerzen. Dazu können Störung des Geruchs- und/oder Geschmackssinns kommen, aber unter anderem auch Atemnot, Kopf- und Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen oder Durchfall.
Schwere Erkrankung: Als schwer an Covid erkrankt gilt ein Infizierter erst, wenn er eine schwere Pneumonie, also Lungenentzündung, entwickelt.
Kritische Erkrankung: Eine kritische Corona-Erkrankung liegt nach Definition des RKI vor, wenn der Patient mechanisch beatmet werden muss oder eine "andere Art von Organunterstützung" benötigt, um zu überleben. Ursache dafür können akutes Lungenversagen, Blutvergiftung, Kreislaufschock und Organversagen sein.
Das klingt erst einmal eindeutig - allerdings nennt das RKI zum Beispiel Störungen des Geschmackssinns und sogar Atemnot als Symptome für einen milden Verlauf. Eine Covid-Erkrankung gilt erst dann als schwer, wenn der Infizierte eine Lungenentzündung entwickelt und deswegen im Krankenhaus behandelt werden muss.
38 Grad Fieber und tagelang Husten
"Ich würde sagen, die Übergänge zwischen den einzelnen Stufen sind fließend", sagt der Virologie-Professor Stephan Ludwig von der Universität Münster. Hätten die Patienten 38 Grad Fieber und ein paar Tage leichten Husten und Schnupfen, könne man getrost von einer leichten Erkrankung reden.
"Wenn das Fieber aber auf über 40 Grad steigt und der Husten immer gravierender wird, ist das definitiv kein milder Verlauf", so Ludwig. Dann könne man von einer mittelschweren Erkrankung sprechen. Dazu komme, dass jeder Mensch die einzelnen Symptome unterschiedlich wahrnehme.
Virologe: Virus weiter ernst nehmen
Ludwig rät, das Coronavirus weiterhin nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Auch wenn es bislang danach aussieht, dass Omikron eher mildere Symptome auslöse und die Impfung vor einem schweren Krankheitsverlauf schütze.
Ludwig vergleicht Covid 19 in diesem Zusammenhang mit den typischen Erkältungskrankheiten im Winter. "Ein grippaler Infekt kann einen nur leicht erwischen, und man ist nach zwei, drei Tagen mit Hilfe von Hausmitteln und Vitaminen wieder fit", sagt Ludwig. Eine solche Infektion könne einen aber auch für mehrere Tage außer Gefecht setzen. "Ich persönlich habe weder auf die eine noch die andere Variante große Lust."
Dazu kommt: Auch bei einer milderen Omikron-Infektion kann Long Covid nicht ausgeschlossen werden. Bisher ist dazu wenig bekannt.