Corona-Studie: Geringes Infektions-Risiko in Theatern und Kinos

Stand: 13.02.2021, 15:47 Uhr

Laut einer neuen Studie ist das Risiko, sich mit Covid-19 anzustecken, in Theatern unter bestimmten Umständen nur halb so groß wie beim Einkaufen im Supermarkt.

Von Oliver Strunk

In etwa einer Woche können Kinder wieder zusammen in geschlossenen Räumen im Präsenzunterricht sitzen. Kurz darauf öffnen die Friseure, dann die Geschäfte. Es werden sich also mehr Menschen in geschlossenen Innenräumen begegnen.

Höhere Schulen, Kultur, Sport, Restaurants sind als nächstes dran

"Welche Öffnungsschritte aus welchem Strang wollen wir jetzt als nächste?" - vor dieser Entscheidung steht die Politik laut Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), wenn die Fallzahlen bei einem Niveau von 35 stabil bleiben. Nach der Öffnung des Einzelhandels gebe es die Stränge Schulen in höheren Jahrgängen, Berufsschulen und Unis. Dann kommen private Kontakte und als letztes Kultur, Kinos, Theater, Gruppensport sowie Restaurants und Hotels, so Merkel am Freitag.

Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko in Innenräumen?

Nun zeigt das Beispiel der Friseure, dass nicht nur das Infektions-Risiko über die Öffnungen entscheidet. Wenn es das täte, könnten sich vor allem Theater über eine neue Studie der Technischen Universität Berlin freuen. Martin Kriegel und seine Kollegin Anne Hartmann vom dort ansässigen Hermann Rietschel Institut haben verglichen, wie hoch das Risiko einer Ansteckung in bestimmten Innenräumen ist – und das Theater kommt bei dieser Untersuchung am besten weg.

Demnach ist nämlich der Besuch eines Theaters mit 30 Prozent Belegung und wenn alle eine Maske tragen nur halb so riskant wie der Einkauf im Supermarkt mit Maske.

Dosis der Aerosole ist entscheidend

Man kann in Versuchen messen, welche Reichweite Aerosole haben und wie lange sich Partikel in der Luft halten. | Bildquelle: dpa

"Die Beurteilung des absoluten Infektions-Risikos über Aerosolpartikel ist noch nicht ausreichend evidenzbasiert", heißt es in der Studie. Es wurden also noch nicht genug empirische Beweise wissenschaftlich ausgewertet. Dennoch könne man anhand der Dosis von eingeatmeten Aerosolpartikeln das Risiko der unterschiedlichen Innenräume bewerten. Und diese Dosis lasse sich sehr gut ermitteln. Dabei haben die Wissenschaftler stets angenommen, dass sich alle an die AHA+L-Regel halten.

Das Risiko einer Ansteckung wird mit einem R-Wert angegeben. In der Studie wird angenommen, dass eine infizierte Person in dem Innenraum sitzt. Wenn der R-Wert bei eins liegt, heißt das, diese Person steckt eine andere in dem Raum an. Wenn er also größer als eins wird, verbreitet sich das Virus.

Covid-19 Ansteckung über Aerosolpartikel
Art des Innenraumsx-faches Risiko gegen über R. ≤ 1
Theater, Oper, Museen 30 % Belegung mit Maske0,5
Friseur Damen mit Maske0,6
Theater, Oper, Museen 40 % Belegung mit Maske0,6
ÖPNV mit Maske0,8
Supermarkt mit Maske1,0
Kino 30 % Belegung ohne Maske1,0
Shopping mit Maske und 10 qm/Person1,1
Kino 40 % Belegung ohne Maske1,1
Restaurant 25 % Belegung1,1
Fitnessstudio 30 % Belegung mit Maske1,4
Sporthalle (Freizeitsport) 50 % Belegung ohne Maske1,5
Fernbahn, Fernbus 3 h Fahrt 50 % Belegung mit Maske1,5
Mehrpersonenbüro 20 % Belegung mit Maske1,6
Schwimmhalle2,3
Restaurant 50 % Belegung2,3
Oberschule 50 % Belegung mit Maske2,9
Fitnessstudio 50 % Belegung ohne Maske3,4
Oberschule 50 % Belegung ohne Maske5,8
Mehrpersonenbüro 50 % Belegung ohne Maske8,0
Oberschule ohne Maske Vollbesetzung11,5

Bewertung von Innenräumen hinsichtlich des situationsbedingten R-Wertes (Quelle: TU Berlin, HRI)

Risiko Großraumbüro

Neben der relativ geringen Ansteckungsgefahr in Theatern oder auch Kinos ist das hohe Risiko in Großraumbüros auffällig. Selbst wenn alle Masken tragen und das Büro nur zu 20 Prozent belegt ist, ist das Ansteckungsrisiko dort höher als in einem zu 30 Prozent ausgelastetem Fitnessstudio, in dem keine Masken getragen werden. Wenn das Büro zu 50 Prozent ausgelastet ist und niemand eine Maske trägt, ist das Infektionsrisiko sogar achtmal höher als ein Besuch im Supermarkt.

Mutanten ändern nichts an der Risiko-Bewertung

Die Wissenschaftler der TU Berlin wollen mit ihrer Studie zeigen, wie unterschiedliche Alltagsituationen in der Pandemie zu bewerten sind - gerade in der aktuellen Situation mit so vielen Unbekannten, wie zum Beispiel der Verbreitung von gefährlicheren Mutanten des Corona-Virus. Für die vergleichende Bewertung der Innenraum-Situationen seien diese Varianten nicht von Bedeutung. Wenn sich die Ansteckungsfähigkeit verändert, würden sich die Balken in der Abbildung lediglich parallel nach links oder rechts verschieben.