Plasma gegen Corona: Forscher widersprechen Trump

Stand: 24.08.2020, 14:10 Uhr

Ist die Behandlung von Corona-Patienten mit Blutplasma ein Weg, um unzählige Leben zu retten? Donald Trump sagt Ja. Viele Wissenschaftler sehen das noch anders, sagt WDR-Wissenschaftsredakteurin Ruth Schulz.

WDR: Zukünftig sollen Corona-Erkrankte in den USA mit dem Blutplasma bereits genesener Patienten behandelt werden. Donald Trump sprach von einer "wirkungsvollen Therapie" mit einer "unglaublichen Erfolgsrate". Hat er Recht?

Ruth Schulz: In Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern laufen Studien zu dieser Therapie. Die unabhängige "Cochrane"-Organisation hat diese begutachtet und kommt zu dem Schluss: Bisher ist noch nicht erwiesen, dass diese Therapien wirksam sind beziehungsweise Fortschritte bringen.

Das, was Trump da verkündet, wirkt daher ein bisschen verzweifelt. Und es ist ja auch nicht das erste Mal, dass er Vorschläge macht, die nicht sinnvoll sind. Er will unbedingt zeigen, dass er diese Krise in den Griff bekommt. Dafür übergeht er die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA, die eigentlich solche Therapien prüft und freigibt.

WDR: Nun könnte man sagen: Wir haben eine globale Pandemie, da muss man manche Dienst- und Prüfungswege eben abkürzen.

Schulz: Natürlich, aber die Prüfung von Therapien und Arzneien hat ja auch ihren Sinn. Es kann Nebenwirkungen oder sonstige unerwünschten Effekte geben. Um das zu verhindern, braucht es Studien.

Wenn sich herausstellt, dass sich eine Therapie doch nicht bewährt, ernste Nebenwirkungen auftreten oder ähnliches, schwächt das das Vertrauen der Bevölkerung immens. Deshalb werden bei der Entwicklung von Impfstoffen zwar einige Vorgänge beschleunigt – vor allem die bürokratischen – aber man legt sehr großen Wert auf die Sicherheitsprüfungen.

WDR: Wie genau funktioniert die Behandlung mit Antikörpern aus Blutplasma?

Schulz: Die Idee der passiven Immunisierung, bei der jemand, der schon Corona-Antikörper hat, diese weitergibt, ist sicher sinnvoll und vielversprechend. Das Immunsystem des Erkrankten muss sich nicht aktiv anstrengen, um Antikörper zu bilden, sondern bekommt diese von einer anderen Person. Die Antikörper sollen dann so an das Virus andocken und verhindern, dass es in die körpereigenen Zellen gelangt und sich dort vermehrt.

Allerdings ist, wie gesagt, die Wirksamkeit noch nicht erwiesen. Und die Frage, wie lange dieser Immunschutz anhält, ist auch noch nicht geklärt.

Das Interview führte Ingo Neumayer.