Auf den Corona-Impfungen ruht die größte Hoffnung in der Pandemie-Bekämpfung. Was wäre, wenn die Impfungen längst nicht so wirksam sein sollten wie angenommen? Zweifel daran nähren Corona-Ausbrüche in Altenheimen. Bekannt geworden sind bisher Fälle in Leichlingen (Rheinisch-Bergischer Kreis), Remscheid und Bochum. Fragen und Antworten.
Was ist in dem Altenheim in Leichlingen passiert?
Dort haben sich 17 Bewohner und Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert, wie PCR-Tests bestätigt haben. 14 Betroffene hätten schon etwa Mitte Januar ihre zweite Corona-Impfung erhalten, wie Altenheim-Leiter Joachim Noß dem WDR berichtet. Alle Infizierten haben nur wenige oder gar keine Symptome. Den örtlichen Behörden zufolge sind alle Betroffenen mit der britischen Corona-Variante B.1.1.7 infiziert.
Wer genau hat sich infiziert und wie viele Impfungen gab es?
- 60 Menschen arbeiten und wohnen in dem betroffenen Haus, so Noß gegenüber dem WDR.
- 14 Bewohnerinnen und Bewohner sind infiziert, davon zwölf geimpft.
- 3 Beschäftigte sind infiziert, davon 2 geimpft.
- 90 Prozent aller Beschäftigten seien geimpft.
- 95 Prozent aller Bewohner seien geimpft oder hätten schon Corona gehabt.
Wie konnte es zu dem Corona-Ausbruch in Leichlingen kommen?
Das ist noch unklar. Offenbar ist das Coronavirus von außen in das Heim hineingetragen worden. Unbekannt ist aber noch, ob es geimpfte Bewohner und Mitarbeiter waren, die das Virus dann verbreitet haben.
Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums vom Freitag stehen im Fall von Leichlingen das Ministerium und die Düsseldorfer Bezirksregierung in Kontakt mit der Universität Düsseldorf, die den Ausbruch genauer untersuchen wolle.
Was ist über den Fall in Remscheid bekannt?
Auch in einem Altenheim in Remscheid haben sich mehrere Menschen trotz Impfung mit dem Coronavirus infiziert. Bei zwölf der 60 Bewohner seien PCR-Tests positiv ausgefallen, obwohl sie zweimal geimpft worden seien, teilte die Stadt am Freitag mit.
Außerdem seien zwei Mitarbeiter infiziert, die ebenfalls bereits den vollen Impfschutz hätten. Ein weiterer positiv getesteter Mitarbeiter habe bislang die Erstimpfung erhalten. Allen Betroffenen gehe es gut. Sie hätten keine Symptome oder nur leichte Erkältungsbeschwerden.
Zusätzlich zu den geimpften Infizierten seien insgesamt fünf weitere Bewohner und Beschäftige positiv getestet worden, die nicht geimpft seien, so die Stadt Remscheid.
Was weiß man über den Fall in Bochum?
In Bochum haben sich 13 Bewohner infiziert, davon sind elf geimpft und haben deswegen keine oder nur leichte Symptome. Die anderen zwei Bewohner waren nicht geimpft und sind am Freitagmorgen gestorben, das bestätigte die Stadt WDR am Freitag. Warum die beiden Gestorbenen nicht geimpft waren, ist noch unklar. Insgesamt leben 81 Menschen in der betroffenen Einrichtung.
Wie reagieren Experten auf die Corona-Ausbrüche?
"Diese Dichte an Fällen an einem Ort, die ist schon überraschend", sagte Virologe Jörg Timm von der Uniklinik Düsseldorf dem WDR am Donnerstag zum Ausbruch in Leichlingen. Deshalb müsse der Fall nun genau untersucht werden.
Als "ärgerlich" bezeichnet Infektionsepidemiologe Timo Ulrichs diesen Fall, "weil man da in Erklärungsnöten ist". Schließlich gehe er wie die meisten anderen Experten davon aus, "dass die Impfung vor allen diesen Dingen - vor Infektion und Weitergabe und Erkrankung - schützt", wie er am Donnerstag der ARD sagte.
Virologe Jan Leidel erklärte am Freitagabend in der "Aktuellen Stunde", womöglich seien die derzeit verabreichten Impfstoffe bei einem Kontakt mit Mutanten weniger wirksam. Solche Effekte seien in der Virologie schon seit Langem bekannt.
Was sagen die Fälle über die Wirksamkeit von Corona-Impfungen aus?
"Die gute Nachricht ist", sagte WDR-Wissenschaftsjournalistin Christina Sartori am Freitag, "dass in Leichlingen, soweit bekannt ist, niemand schwer erkrankt ist." Das zeige, dass die Impfung wirke.
"Es ist keine Überraschung, dass Menschen, zweifach geimpft sind, sich auch infizieren können." Erstaunlich sei es hingegen, dass sich so viele angesteckt haben. "Weil man eigentlich davon ausgeht, dass Geimpfte deutlich weniger ansteckend sind."
Deswegen müsse untersucht werden: "Haben diese Menschen sich infiziert durch jemanden, der geimpft war, oder durch jemanden, der nicht geimpft war?" Aber davon abgesehen, so Sartori: "Experten sagen schon lange, wer geimpft ist, soll sich trotzdem an die AHA-Regeln halten."
Was bedeuten die Fälle für die Corona-Politik?
Solange man nicht wisse, welche Bedeutungen solche Infektionen auf das Pandemie-Geschehen haben, sei es verfrüht, Kontaktbeschränkungen und andere Corona-Maßnahmen zurückzunehmen, sagte Virologe Timm. "Die Barrieren - die machen im Moment noch Sinn, auch für Geimpfte."