Mehr als ein Fünftel der Menschen in Deutschland hat laut einer repräsentativen Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) schon Rassismus erlebt. Viele Betroffene - vor allem schwarze, jüdische oder muslimische Menschen sowie Sinti und Roma - erleben regelmäßig Beleidigungen oder Benachteiligungen aufgrund ihres Namens, ihrer Haut- oder Haarfarbe.
Zum Beispiel haben Menschen mit Nachnamen, die vielleicht nicht Schmidt oder Müller sind, schlechtere Chancen auf eine Wohnung. Nach Zahlen der Antidiskriminierungsstelle erlebt jeder Dritte mit Migrationshintergrund dabei Diskriminierung.
"Je stärker die AfD ist, (...) desto mehr spürt man das im Alltag"
Karim El-Helaifi.
Karim El-Helaifi kommt aus Berlin und ist regelmäßig mit Rassismus konfrontiert: Menschen beschimpfen ihn, erst neulich habe ihn jemand in der U-Bahn angespuckt, erzählt er. Durch die Erfolge der AfD habe das zugenommen. "Je stärker die AfD ist, je stärker rechte Parteien in den Umfragen sind, je rassistischer Debatten sind, je stärker Minderheiten homogenisiert werden, desto mehr spürt man das direkt im Alltag", so El-Helaifi.
Rassistische Vorstellungen sind laut der Studie des DeZIMs dabei teilweise noch tief in der Gesellschaft verwurzelt. Knapp die Hälfte der Befragten glaubte demnach etwa, dass es menschliche "Rassen" gibt, obwohl das wissenschaftlich schon lange widerlegt ist.
Internationaler Tag gegen Rassismus
Den Tag gegen Rassismus gibt es seit fast 60 Jahren. Anlass war eine Demonstration in Südafrika im Jahr 1960 gegen das Apartheidsystem, bei der 69 Menschen getötet wurden. Auch in diesem Jahr hat es deshalb heute in mehreren Städten in Nordrhein-Westfalen Aktionen gegeben.
Der Tag sei "eine Mahnung an staatliche Institutionen, mehr gegen rassistische Diskriminierung, Gewalt, Stigmatisierung und Hassrede zu tun", teilte der Landesintegrationsrat NRW mit. "Die aktuelle politische Lage macht uns bewusst, dass wir rassistischen Weltbildern entschlossen entgegentreten müssen", sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin von NRW, Mona Neubaur, die zu diesem Anlass eine Schule in Düsseldorf besuchte.
Demonstrationen und Aktionen in NRW
In Köln hat das Bündnis "Köln stellt sich quer" einen Sternmarsch organisiert. Es wurden gleich mehrere Demonstrationen unter verschiedenen Slogans angemeldet, die Abschlusskundgebung fand abends am Rhein statt. Nach Polizeiangaben rechneten die Veranstalter mit rund 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, nach WDR-Informationen kamen allerdings nur gut 5.000 Menschen. Darunter waren viele Familien mit Kindern und Studierende.
Außerdem trafen sich vor dem Ehrenfelder Bezirksrathaus Kinder und Jugendliche aus zwanzig Schulen, bei der Deutz AG und Ford standen die Bänder still, bei der Stadt gab es eine Videobotschaft der Oberbürgermeisterin.
Reporter Jochen Hilgers berichtet aus Köln über Demonstrationen gegen Rassismus
WDR aktuell. 21.03.2024. 09:15 Min.. Verfügbar bis 21.03.2026. WDR.
Kölner Grundschulkinder stellen ein Herz nach
An der Michael-Ende Grundschule in Köln-Ehrenfeld haben Kinder ein Herz nachgestellt.
In Bochum hatte die CDU-Kreisvorsitzende Fee Roth in einem überparteilichen Bündnis zu einer Kundgebung auf dem Rathausvorplatz ab 14.30 Uhr aufgerufen. Auch der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert wurde dort erwartet.
In Dortmund hatten Gewerkschaften zur Aktion "15 vor 12" aufgerufen. Sie baten die Bürgerinnen und Bürger, um viertel vor zwölf für 15 Minuten innezuhalten, um ein deutliches Zeichen zu setzen für das unantastbare Recht auf Menschenwürde. Beschäftigte in mehreren Betrieben haben sich beteiligt.
Aus einem Bäckereibetrieb kamen 50 bis 60 Menschen verschiedener Nationalitäten an das Werktor, um mit einer Foto-Aktion ein Zeichen für gutes Miteinander und Zusammenhalt zu setzen, so ein Sprecher des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
In Essen fand heute unter anderem der "Miteinandertag" auf dem Frohnhauser Platz mit Ständen von verschiedenen sozialen Institutionen und Vereinen statt. Außerdem gab es das Frühlings- und Newrozfest des RAA Vereins NRW in der City Nord. Newroz ist das kurdische Neujahrsfest am 21. März.
In Hagen laufen bereits seit Anfang März die "Internationalen Wochen gegen Rassismus". Hier gab es unter anderem eine Foto-Ausstellung über die Tatorte der NSU-Morde und eine Lesung in der Stadtbücherei.
In Hamm standen Workshops und Argumentationstrainings gegen Rechtsextremismus auf dem Programm.
In Bonn hat das Amt für Integration und Vielfalt der Stadt am Mittag gemeinsam mit Organisationen aus der Migrations- und Flüchtlingsarbeit auf dem Markt und in der Innenstadt über Rassismus informiert und stand für Gespräche bereit.
In Bielefeld gab es neben einem Workshop in der Stadionschule von Arminia Bielefeld, einem Fachtag zum Thema Flucht und Integration und einem Theaterstück auch eine Veranstaltung auf dem zentralen Jahnplatz ab 14 Uhr. Hier wurden Künstlerinnen und Künstler sowie der Sozialdezernent und die Vorsitzende des Integrationsrats der Stadt erwartet.
Im Münsterland wurde an neun AWO-Kitas das Lied "Wir heißen jeden hier willkommen" angestimmt. Die insgesamt 15.000 Kinder haben sich mit einer Aktionswoche auf den Tag vorbereitet. Die Aktion lief im gesamten AWO-Unterbezirk Münsterland-Recklinghausen.
In Aachen hat sich die 4. Aachener Gesamtschule an vier Aktionstagen gemeinsam mit dem kommunalen Integrationszentrum der Stadt Aachen mit den Themen Menschenrechte und Rassismus auseinandergesetzt. Am Donnerstagvormittag fand dazu eine Abschlussveranstaltung im Depot Talstraße statt.
Unsere Quellen:
- Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM)
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes
- Landesintegrationsrat NRW
- WDR-Interviews
- WDR-Informationen
- Verdi NRW
- Pressemitteillung der Landesregierung
- Polizei Köln
- dpa