Herz der Weichenproduktion: Weichenwerk Witten wird 160

Stand: 07.09.2023, 19:33 Uhr

Es ist die Herzkammer der Weichenherstellung in Deutschland und hat so viel zu tun wie lange nicht mehr. Rund 1300 Weichen werden hier jedes Jahr hergestellt. Jetzt wird das Weichenwerk Witten 160 Jahre alt.

Von Lars Faulenbach

In Blaumann, Schutzoverall und mit einem orangefarbenen Helm auf dem Kopf steht Azubi Lukas Möse oben auf einer tonnenschweren Doppelweiche. Diese wird hier am Ende der mehr als 260 Meter langen Fabrikhalle des Weichenwerks Witten auf Bahnschwellen geschraubt und dann genau vermessen.

Prüfung auf Herz und Nieren

Dies ist der letzte Arbeitsschritt bevor die Weichen an Bahnbaustellen in ganz Deutschland ausgeliefert werden können. Hier wird überprüft, ob alle Abmessungen stimmen, erklärt Lukas Möse: "Zum Beispiel muss die Spurbreite passen, damit der Zug sicher darüber rolle kann."

Möse ist im dritten Ausbildungsjahr und kann sich vorstellen auch nach seiner Prüfung in einem halben Jahr weiter im Werk in Witten zu arbeiten. Den größten Teil seiner Ausbildung hat er in der Instandhaltung verbracht. Die Kollegen dort stellen Werkzeuge für die Produktion her und warten die großen Maschinen in der Halle.

Das Weichengeschäft brummt

Die modernste dieser Maschinen steht etwa 50 Meter vom aktuellen Arbeitsplatz von Lukas Möse entfernt. Diesen Schweißroboter hat das Werk kürzlich angeschafft, um die stark angestiegenen Auftragszahlen bewältigen zu können. 2023 wurden in Witten etwa 30 Prozent mehr Weichenteile produziert als im Jahr davor. Die marode Bahninfrastruktur und die vielen Baustellen der Bahn machen sich da bemerkbar.

Produktion mit hochmodernem Schweißroboter

Der silberne Schweißroboter sitzt auf einem großen grünen Gestellt, auf dem die beiden Innenschienen der Weiche eingespannt werden, das sogenannte Herzstück der Weiche. Mit einem hochmodernen Laser, der an einem beweglichen Schwenkarm befestigt ist, schweißt der Roboter die beiden Stücke zusammen, reinigt sie anschließend und prüft die Temperatur, alles vollautomatisch. Wegen des gleißenden Lichts tut er das normalerweise hinter einem Vorhang.

Der Roboter - der erste seiner Art in der Eisenbahnproduktion in Deutschland - hilft dem Werk dabei, deutlich mehr Weichen zu produzieren als bisher, außerdem hat sich die Qualität verbessert, freut sich Werksleiter Holger Schwarz, als er den neuen Roboter inspiziert: "Wir investieren aber weiter in neue Maschinen, in neue Arbeitsplätze und bauen ein Lager zu einer weiteren Produktionshalle um."

Rund 30 Millionen Euro will die Bahn in den kommenden Jahren in das Werk investieren, 50 bis 70 neue Stellen schaffen, um so die Produktion noch mal um ein gutes Drittel steigern zu können. Ein Teil der neuen Mitarbeiter wird selbst ausgebildet, andere durch Speeddatings oder über Empfehlungen aktueller Mitarbeiter angeworben.

Schweißtreibende Arbeit

Von denen hat Mehmet Aydin heute den lautesten, heißesten und körperlich anstregendsten Arbeitsplatz. An der sogenannten Schlatter-Maschine verlängert er die Herzstücke, die vom Schweißroboter kommen. Unter heftigem Funkenflug wird hier vorne und hinten ein Stück Schiene angeschweißt, anschließend muss Aydin überschüssiges Material wieder abfräsen. Er trägt deswegen Schutzkleidung und einen speziellen Helm, bei 30 Grad Außentemperatur kommt er ordentlich ins Schwitzen.

Anschließend werden mit einer anderen Maschine die Schweißnähte überprüft und die Teile zu einer fertigen Weiche zusammen montiert. Zum Teil werden in Witten aber auch nur Einzelteile für Reparaturen im Bahnnetzt produziert. Gibt es vor Ort Probleme bei der Reparatur, schickt das Weichenwerk einen eigenen Reparaturtrupp zur Beratung raus.

Im großen Weichenfeld wird geschult

Aber das Personal der DB Netz wird auch im Weichenwerk in Witten geschult. Dafür gibt es vor dem Werk ein großes Weichenfeld, mit verschiedenen Weichen. Hier lernt gerade eine Gruppe von Auszubildenden, wie sie den Weichendruck misst. Das ist wichtig, damit die Weichen richtig anliegen.

Lukas Möse ist unterdessen zurück in der Instandhaltung und überprüft an einer großen Maschine den Öldruck. Dafür müssen die Kollegen kurz Pause machen. Trotzdem sind sie dankbar, dass er die verantwortungsvolle Ausgabe erfüllt: "Die freuen sich, dass ich komme und dass die Arbeit gemacht wird."