„Das Klima ist hetzerisch", sagt Heiko Koch von der Hattinger Fachstelle „Partnerschaft für Demokratie“ und meint damit die Aussagen der Gruppe, die sich „Hattingen denkt anders“ nennt. Unter diesem Motto laufen jeden Montag mehrere Dutzend Menschen, begleitet von der Polizei, durch die Stadt und demonstrieren.
NS-Parolen in Telegram-Chats
Zuletzt haben sie vor allem gegen die Corona-Maßnahmen und die Impfpolitik der Bundesregierung protestiert. Auch kritische Positionen zur Rolle der Bundesregierung im Ukraine-Konflikt sind bei den "Spaziergängen" der letzten Monate zu hören.
Nun ist aber auch der Staatsschutz auf den Plan gerufen, weil in Telegram-Chats der Gruppe mehrere Parolen mit NS-Zitaten zu finden sind. Ein Polizei-Sprecher bestätigte dem WDR, dass die Gruppe beobachtet wird.
"Wenn in ihren Telegram-Gruppen Sachen wie 'Alles für Deutschland' oder 'Blut und Ehre' zu finden sind, dann geht es hier wirklich um Staatsschutz-Delikte", so Heiko Koch. In seiner von der Stadt sowie vom Bundesfamilienministerium geförderten Fachstelle beobachtet man die Entwicklung rund um die Montagsdemonstranten mit Sorge: "Es werden Feindmarkierungen gemacht. Und die werden sehr aggressiv vorgetragen. Das ist hochtoxisch."
Wenig Gegenwind in Hattingen
Während Montags-Demonstrationen zuletzt in vielen Städten wieder kleiner wurden oder sogar ganz verschwanden, ist die wöchentliche Hattinger Veranstaltung immer noch beständig groß. Heiko Koch hat festgestellt, dass es in der Gruppe nur einen kleineren Teil gibt, der direkt aus Hattingen kommt, die Montagsdemo aber viele Menschen aus der Region anziehe.
Das liege ganz praktisch daran, so der Sozialarbeiter, dass Hattingen gut zu erreichen sei. Zum anderen aber auch daran, dass die Demonstranten hier auf wenig Widerstände stießen: "Es gibt hier keinen großen zivilgesellschaftlichen Widerspruch. Das gibt es in anderen Städten, da müssen sich diese Leute dann mit Gegendemonstranten auseinander setzen. Hier aber ist das ruhige Hinterland."
Mehrere Anzeigen - auch von der Stadt
Trotzdem wurde es in den letzten Wochen für die Hattinger "Spaziergänger" zunehmend unruhig: Die Staatsanwaltschaft Essen bestätigt, dass mehrere Anzeigen gegen die Gruppe vorliegen. Und auch eine Sprecherin der Stadt Hattingen sagte gegenüber dem WDR, die Stadt selbst habe eine Anzeige gestellt. Bei diesen Anzeigen, so heißt es von der Staatsanwaltschaft, ginge es allerdings um eher formale Aspekte.
Unklar sei demnach, wer genau zu den Demos einlädt und Veranstalter sei. Das bewege sich im Bereich einer Ordnungswidrigkeit und werde nicht strafrechtlich verfolgt, so eine Sprecherin.
Inwieweit der Staatsschutz nun aktiv wird, ist noch nicht klar. Heiko Koch hält es aber für wichtig, die Gruppe im Auge zu behalten: "Man fragt sich, was kommt auf die Gesellschaft zu, wenn man diesen Hass im Internet liest? Wir haben am Ende ein Problem, wenn wir das zulassen."
Über dieses Thema haben wir am 13.02.2023 im Radio in der WDR 2 Lokalzeit Rhein/Ruhr berichtet.