"Nach kurzer Zeit fühle ich mich wie in einer Blase und konzentriere mich nur aufs Spielen", erzählt der 34-Jährige Marco Voss aus Dortmund. Wenn er am Klavier sitzt und aus dem Kopf Melodien spielt, vergisst er die trubelige Stadt um sich herum.
Zuhause kommt der junge Familienvater nicht oft zum Spielen, aber in der Stadt nimmt er sich ein paar Minuten nur für sich.
Diese kurze Pause möchte er auch den Menschen um sich herum schenken. "Wenn Passanten stehen bleiben, atmen sie durch und können für ein paar Minuten den Stress vergessen", sagt Marco.
Es ist das elfte Mal, dass "Spiel mich" in Dortmund stattfindet und Marco war von Anfang an mit dabei. Ab und zu legen Menschen auch mal Geld auf das Klavier – davon zahlt er dann das Parkhaus.
Klavier-Aktion in Dortmund seit 2010
Coronabedingt konnte "Spiel mich" ein paar Jahre nicht stattfinden. Inspiriert von "Play me I’m yours" mit Ursprung in England standen 2010 auch in Dortmund erstmals Klaviere in der Innenstadt. Über Social Media teilen Passanten und Spielerinnen und Spieler Videos.
"Es geht uns um Begegnungen. Menschen lernen sich kennen und schließen manchmal sogar Freundschaften", erklärt Organisator Maximilian van Bremen. Auch die Einzelhändler, die bei der Aktion mitmachen, freuen sich, dass die Stadt dadurch belebt wird.
Alle dürfen mitmachen
Ob "Alle meine Entchen" oder das "Steigerlied" – was gespielt wird, ist ganz egal. Jede und jeder darf sich ans Klavier setzen. Dina Barachkova ist Klavierlehrerin und ermutigt ihre Schülerinnen und Schüler, mitzumachen.
"Das steigert das Selbstwertgefühl, wenn Menschen stehen bleiben, lächeln und lachen", erzählt die 58-Jährige. Sie stellt immer wieder fest, dass ihre Schüler mehr Motivation haben, zu Hause zu üben.
Klaviere ermuntern zum Musizieren
Als der Dortmunder Christian Harder am Mittwochmorgen das erste Klavier entdeckt hat, war er froh, dass die jährliche Aktion weitergeht. Er kann sich selbst kein Instrument leisten und nutzt die Gelegenheit, in der Stadt zu musizieren. "Ich möchte Menschen dazu animieren, Musik zu machen. Das bringt so viel Frieden mit sich."
Noch bis zum 28. Juni stehen die Klaviere tagsüber in der Stadt und warten darauf, Menschen zu begeistern und Begegnungen zu schaffen.