Bistum Essen nach Hengsbach - wie weiter?
Aktuelle Stunde. 24.09.2023. UT. Verfügbar bis 24.09.2025. WDR.
Missbrauchsvorwürfe gegen Hengsbach: Gläubige "erschüttert"
Stand: 24.09.2023, 19:03 Uhr
Nach den Missbrauchsvorwürfen gegen Kardinal Hengsbach fragen sich viele Gläubige: Was muss sich beim Umgang der katholischen Kirche mit Betroffenen ändern? Und: Kann die Kirche das allein schaffen? Ein Besuch im Sonntagsgottesdienst im Essener Dom.
Es ist Postkartenwetter in Essen: Der Himmel über dem Dom ist fast wolkenlos und die Sonne sorgt für einen wunderschönen Sonntagmorgen im Herbst – auch wenn die Tage spürbar kühler werden.
Um 10 Uhr beginnt der Gottesdienst, schon eine halbe Stunde vorher sind viele Menschen auf dem Vorplatz unterwegs. Einige bleiben vor dem Denkmal von Kardinal Hengsbach stehen, andere gehen gleich weiter in den Dom.
Konsequente Aufklärung gefordert
Auch Uta von Loewenich besucht an diesem Sonntag den Gottesdienst und sagt zu den Vorwürfen: "Es hat mich nicht überrascht, aber es hat mich erschüttert – gerade bei diesem Kardinal. Hengsbach war im Ruhrgebiet bei vielen Menschen sehr beliebt. Ich habe ihn auch persönlich getroffen und dass ein Mensch, der eigentlich Vorbild sein sollte, so etwas getan haben soll – es ist einfach unfassbar."
Regina und Heiner Brucksch aus Paderborn sind an diesem Sonntagmorgen für einen Radausflug nach Essen gekommen. Regina Brucksch engagiert sich im Paderborner Diözesanverband, vor allem in der Frauengruppe: "Wir fordern schon seit vielen Jahren, dass hier nicht Kirchenrecht angewendet wird, sondern öffentliches Recht."
"Ich bitte Sie nun alle um Entschuldigung für meine Fehler"
Zum Abschluss des Gottesdienstes verliest Domprobst Thomas Zander den fast vier Seiten langen Brief, den Bischof Overbeck in dieser Woche veröffentlicht hat.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck befürchtet, Betroffenen womöglich geschadet zu haben.
Darin bittet Overbeck um Entschuldigung dafür, dass er die Vorwürfe gegen Hengsbach erst jetzt öffentlich gemacht hat und nicht schon im Jahr 2011, als er davon erfuhr. "Dass ich damit dem Muster folgte, dem Schutz des Ansehens eines kirchlichen Würdenträgers Vorrang zu geben und die betroffenen Menschen nicht hinreichend zu sehen, war mir damals nicht bewusst."
Hengsbach-Statue wird bald entfernt.
Nach dem Gottesdienst erzählt Domprobst Zander, wie er als junger Studierender Hengsbach kennenlernte. "Das Positive an Hengsbachs Lebenswerk ist sicher da", sagt Zander, "aber im Moment überwiegt das Entsetzen, dass er auch diese Seite in seinem Leben hatte."
Noch steht die Statue von Hengsbach nur wenige Meter vom Eingang des Doms entfernt – das wird sich aber bald ändern. "Wir werden die Statue wohl im Laufe der nächsten Woche entfernen und zunächst einlagern", sagt Zander. Anstelle der Statue soll dann eine Gedenkstelle für Betroffene sexuellen Missbrauchs entstehen.
Über dieses Thema berichten wir am 24.09.2023 auch im Fernsehen in der Aktuellen Stunde um 18.45 Uhr.